Rede Wladimir Putins auf der 43. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik
Putins Rede auf der 43. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik war, auf Einladung des Vorsitzenden Horst Teltschik, die erste Rede eines russischen Staatsoberhaupts auf der Sicherheitskonferenz. Hauptthema der Konferenz war „Frieden durch Dialog: Globale Krisen – Globale Verantwortung“. Schwerpunkte der Rede Wladimir Putins am 10. Februar 2007 waren die „Unipolare Weltordung“, die NATO-Osterweiterung, die Abrüstung und das iranische Atomprogramm. Putins Rede gilt als Botschaft Russlands an den Westen, keine der USA untergeordnete Rolle in der Weltpolitik zu akzeptieren. Damit markierte die Rede einen bedeutenden Wandel in der russischen Außenpolitik und signalisierte eine selbstbewusstere und unabhängigere Haltung auf der internationalen Bühne. Putin machte deutlich, dass Russland bereit sei, seine Interessen zu verteidigen und eine aktivere Rolle in der Gestaltung der globalen Ordnung zu übernehmen.
Putin 2007 auf der 43. Sicherheitskonferenz in München. Links neben seinem Platz am Mittelgang: Angela Merkel, Wiktor Juschtschenko, Franz Josef Jung, Jaap de Hoop Scheffer, Javier Solana, rechts Robert Gates, John McCain, Joe Lieberman, Jon Kyl. (Bild: Kreml)
Die Rede erweckte weltweit Aufsehen. Teilnehmer und Medien sprachen teilweise schockiert von einer Brandrede und einem neuen Kalten Krieg.
Im Rückblick sehen Kritiker die Aussagen Putins als frühe Anzeichen der imperialen Kurswendung Russlands, die zum Ukrainekrieg führte und die westliche Ordnung bedroht. Die russische Regierung und Befürworter der Rede sehen sie als frühe und deutliche Warnung Putins vor dem hegemonialen Anspruch der USA. USA, NATO und EU hätten diese Warnung ignoriert und in der Folge einen militärischen Konflikt in Osteuropa provoziert, anstatt eine multipolare Weltordnung zu akzeptieren und zu fördern.
Zeitleiste
2006
Januar: Erster Gasstreit: Lieferstopp, Einigung auf 95 USD/1.000 m³.
5. April: Verhandlungen zwischen Steinmeier und Lawrow in Berlin
Mai: Vorschlag Teltschiks an Putin, eine Grundsatzrede zu halten
4. August: Embargo der USA gegen Rosoboronoexport wegen Lieferungen an den Iran
29. August: Larissa Jusina in Moskau ermordet
7. Oktober: Ermordung Anna Politkowskajas
1. November: Erkrankung Alexander Litwinenkos
23. November: Tod Alexander Litwinenkos, Belastung der russisch-britischen Beziehungen
29. November: Gipfelerklärung in Riga
2007
Januar bis Dezember: Streit zwischen Russland und Ukraine um die Verlängerung des Pachtvertrags für Sewastopol
Januar: Die USA beginnen mit der Aufstellung von Raketensystemen in Polen und der Tschechoslowakei
1. Januar – 31. Dezember: G-8-Präsidentschaft Deutschlands
1. Januar – 30. Juni: EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands
19. Januar 2007: Putin stärkt Rosoboronexport
21. Januar: Besuch Angela Merkels bei Putin in Sotschi
8./9. Februar: Informelles Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Sevilla
10. Februar: Rede Wladimir Putins auf der Münchner Konferenz
22. Februar: Besuch Stephen Hadleys in Moskau
März: EU beginnt mit Ukraine Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen und eine Freihandelszone
März: Anschlag auf Paul Joyal
März: Gasstreit: Preiserhöhung auf 130 USD, Ukraine akzeptiert unter Janukowytsch.
März Juschtschenko lehnt Verlängerung des Pachtvertrages für Sewastopol über 2017 hinaus ab.
April: Staatskrise in der Ukraine wegen Spannungen zwischen Staatspräsident Juschtschenko und Premierminister Janukowitsch, das Parlament wird aufgelöst, vorgezogene Parlamentswahlen werden angekündigt
23. April: Besuch von Robert Gates in Moskau Thema: Raketenschirm
25. April: Tagung des NATO-Russland-Rats, Thema: Raketenschirm, Kosovo, Afghanistan
Heiligendamm 7. Juni 2007
6.- 8. Juni 2007:33. G8-Gipfel in Heiligendamm, Nebenthema Raketenschirm
25.–26. Juni: Treffen des NATO-Russland-Rats in St Petersburg (5-jähriges Jubiläum des Rats und 10-jähriges der NATO-Russland-Partnerschaft), Seminar zur Rolle des Rats (25.) und Versammlung (26.)
Kennebunkport, 1. Juli 2007
2. Juli: Treffen Putins mit Bush in Kennebunkport, Thema: Raketenschirm
7.–22. Juli: Militärmanöver „Sea Breeze“ zum 10. Jahrestag des Manövers im Rahmen des NATO-Programms „Partnerschaft für den Frieden“, Übungsgebiete waren das Schwarze Meer und die Regionen Odessa und Mykolajiw unter Beteiligung ukrainischer Streitkräfte, Leiter war Leiter der Übungen „Sea Breeze-2007“ war der ukrainische Vizeadmiral Viktor Maksymov
9. Juli: Treffen der NATO-Ukraine-Kommission anlässlich des 10. Jahrestages der Charta über besondere Partnerschaft
9. August: Offizielle Hinweise auf die Weltfinanzkrise: Subprime-Krise, BNP Paribas gefährdet
August: 10 Verdächtige im Politkowskaja-Prozess werden in Russland festgenommen
14. Juli 2007: Wladimir Putin kündigt an, dass Russland die Umsetzung seiner ABM-Vertragsverpflichtungen für von 150 Tage aussetzen werde.
30. September: Vorgezogene Wahlen zum Parlament der Ukraine: Julija Tymoschenko wird neue Ministerpräsidentin. Präsident Janukowytsch signalisiert nach der Wahl Kompromissbereitschaft in der Frage der Verlängerung des Pachtvertrags bis 2042.
11.–20. September: NATO-Übung Cooperative Marlin in Sewastopol, Ukraine
Oktober:
Gazprom droht Ukraine wegen ausstehender Schulden mit Einstellung der Gaslieferungen
Die EU-Ukraine-Gipfelgespräche thematisierten die Sicherheit im Schwarzen Meer. Die EU forderte Russland auf, den „Status quo“ in Sewastopol zu respektieren, vermied jedoch konkrete Sanktionen.
8.–10. Oktober: Treffen des Petersburger Dialogs in Wiesbaden
1. Dezember:Rosatom gegründet
Dezember: Internationale Konferenz der Verteidigungsindustrie in Dnipro
7. Dezember: NATO-Russland-Rat der Außenminister in Brüssel
19. Dezember: Time Magazin kürt Wladimir Putin zum Mann des Jahres
Dezember: Rosobonoexport in Rostec integriert
2008
4. April 2008 NATO-Russland-Rat
21. März: Die russische Duma erkennt Abchasien und Südossetien als eigenständige Staaten an
März: Gasstreit: Gazprom reduziert Lieferungen um 50 % wegen Schulden der Ukraine
Die Einladung Putins wurde von Horst Teltschik, dem langjährigen Vorsitzenden der Sicherheitskonferenz vorgenommen, nachdem er John McCain und Joe Lieberman informiert und wie immer ihre Zustimmung erhalten hatte. Er war seit 1999 häufiger, auch privat, mit Putin zusammengetroffen. Mitte Mai 2006 hatte er Putin in Sotschi „im kleinsten Kreis“ besucht und die Teilnahme angesprochen. Er hatte Putin vorgeschlagen, seine Position auf dieser Plattform in offener und ungeschminkter Weise mit großer internationaler Resonanz darzustellen. Über dieses Gespräch unterrichtete er Angela Merkel in einem langen Brief, erhielt nach eigener Aussage aber keine Antwort. Der Kernsatz Putins im Gespräch lautet nach Peter Hoeres in der Wiedergabe des Briefes an Merkel im Anhang zu Teltschiks 2024 veröffentlichtem Tagebuch: „Erst müssten die Beziehungen Russlands mit der NATO geklärt sein und weiterentwickelt werden, bevor die Ukraine der NATO beitreten könne und nicht umgekehrt. Sonst sei die NATO für Russland ein Feind.“ Teltschik kommentierte diese Äußerung: Er halte diese Aussage für besonders bemerkenswert, „weil sie Putins Bereitschaft signalisiert, Russland stärker in die NATO einzubinden – gewissermaßen als Kompensation für den Beitritt der Ukraine.“ Angela Merkel hatte Putin zuletzt am Sonntag, den 21. Januar 2007 in Sotschi besucht, um ihn persönlich über ihre Ziele für die am 1. Januar begonnene EU- und G8-Präsidentschaft zu informieren. Eines der Ziele war die Erneuerung des Kooperationsabkommens der EU mit Russland, besonders in Fragen der Energielieferungen. In ihrer Autobiografie führte Merkel 2024 dazu aus, im Gespräch mit Putin habe sich Vorwurf an Vorwurf gereiht, vor allem wegen des Irakkriegs und der geplanten Stationierung von Mittelstreckenraketen, die er als gegen Russland gerichtet betrachtete. Sie habe ihm dazu ein Gespräch mit George W. Bush vorgeschlagen.
Stoiber und Putin
Wenige Tage vor der Konferenz hatte Sergej Iwanow (März 2001 bis Februar 2007 Verteidigungsminister) die NATO im Allgemeinen und die Vereinigten Staaten im Besonderen stark kritisiert. Iwanow habe den Streit über den Plan der USA, in osteuropäischen Staaten Raketenabwehrsysteme zu errichten, in die Öffentlichkeit getragen, so Eckart Lohse. Am Freitagabend vor der Rede war Putin nach seiner Landung auf dem Flughafen München im Hotel „Vier Jahreszeiten“ mit Bayerns MinisterpräsidentEdmund Stoiber zusammengekommen, schließlich trafen noch Verteidigungsminister Iwanow und dessen Sohn ein. Putin war mit 200 Mitarbeitern angereist. Er fuhr in einem gepanzerten Spezialmodell einer Mercedes-S-Klasse zum Hotel Bayrischer Hof; dahinter folgte unter anderen Fahrzeugen auch eine Limousine vom Typ SIL.
Am Freitagabend fand ein Begrüßungsdinner statt. Laut den Botschaftsleaks wurde leidenschaftlich über die iranische Bedrohung der Sicherheit Israels gesprochen.
Eingangsrede Angela Merkels
Merkel
Merkel sprach am Samstagmorgen in der ersten Rede der Konferenz zunächst über globale Bedrohungen, Sicherheit und den Nahostkonflikt und bekräftigte die nordatlantische Partnerschaft und europäische Einigung als Eckpfeiler der deutschen Sicherheitspolitik. Dies führte über zur Afghanistanmission und zu den Pflichten der EU auf dem Balkan. Sie wolle unter der deutschen EU-Präsidentschaft die Beziehungen zu Osteuropa ausbauen. Wie, so Horst Teltschik, viele Zuhörer lange erwartet hätten, sei hierzu der entscheidende Satz gefallen: „Ganz ohne Zweifel ist hierbei die Partnerschaft zu Russland von besonderer Bedeutung“. Danach sprach sie, wie Teltschik hervorhob, Putin persönlich an. Sie freue sich über seine Teilnahme. Die Gestaltung des zukünftigen Verhältnisses zwischen Russland, NATO und EU habe eine entscheidende Auswirkung auf die „Stabilität des gemeinsamen Raumes der Sicherheit in Europa“ und auf das Verhältnis zu „unseren“ Nachbarstaaten. In vielen Bereichen trage Russland schon heute gemeinsam mit „uns“ Verantwortung. „Deshalb ist unsere Erfahrung: Gemeinsam mit Russland können wir viel bewegen und können wir viel erreichen.“
Das heißt, wir müssen die Chancen, die sich aus einem Zusammenrücken der Völker ergeben, nutzen und sie immer wieder aufspüren. Das heißt: Gemeinsame Verantwortung zwischen Russland, der Europäischen Union und der Nato liegt in unserem Interesse. Deshalb liegt mir auch sehr viel daran, dass wir bald die Verhandlungen für ein Kooperationsabkommen mit der Europäischen Union beginnen können und dass wir die bestehenden Differenzen ausräumen müssen.
Merkel mit Liebermann, McCain, Gates (Bild: Cherie A. Thurlby, DD)
Danach äußerte sie „fast zögerlich“ (Teltschik): „Ich glaube, wir brauchen auch eine engere Partnerschaft zwischen der Nato und Russland.“ Sie erwähnte Gespräche der „vergangenen Tage“. Man müsse sich „sehr offen“ austauschen, etwa über die Stabilität der schwierigen Regionen in der russischen Nachbarschaft. Die unterschiedlichen Sichtweisen machten es notwendig, miteinander zu sprechen. Sie spielte dann nach Teltschiks Verständnis auf das Problem der Installation von Mittelstreckenraketen an, die kurz vor der Konferenz in Angriff genommen wurde: „Ich sage das auch im Hinblick auf neue militärische Installationen, hinsichtlich derer ich immer glaube, dass es wichtig ist, miteinander im Gespräch zu bleiben und nicht gegeneinander zu reden; das hat uns überhaupt noch nie genutzt. Es kann dann immer noch Bereiche geben, in denen man zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht zusammenkommt, aber so zu tun, als sei man in dieser Welt nicht in hohem Maße aufeinander angewiesen, das wäre ein Sich-in-die-Tasche-Lügen.“
Auch die Botschaftsdepesche der Berliner US-Botschaft hebt hervor, Merkel habe betont, dass „die Zusammenarbeit zwischen der NATO, der EU und Russland für die Zukunft der europäischen Sicherheit wichtig sein wird.“ In Bezug auf die US-Raketenabwehrradare in Polen und Tschechien habe Merkel trotz starker und unterschiedlicher Positionen auf weitere Gespräche mit Russland gedrängt. „Vor allem müsse Russland beweisen, dass es ein verlässlicher Partner in der Energiesicherheit sei.“
Teltschik hebt hervor, dass in der anschließenden Diskussion keiner der Teilnehmer zu der Ausgestaltung einer engeren Partnerschaft zwischen NATO und Russland nachgefragt habe.
Reaktion Putins
Während Angela Merkels unmittelbar vorausgehender Eingangsrede machte sich Putin, der direkt neben Merkel und zwischen Merkel und Gates platziert worden war, Notizen zu weiteren Themen und änderte das ausgedruckte Manuskript seiner Rede ab. Nach Haslam war Putin bis zur letzten Minute nervös, stöberte in den Papieren und formulierte hastig Teile seines Manuskripts um.
Konferenzteilnehmer, die das beobachteten, kamen zum Ergebnis, Putin habe seine Thesen „höchstpersönlich“ formuliert und seine „Schüsse auf Amerika und NATO“ seien „nicht von Heckenschützen im Kreml vorformuliert“ worden.
In seiner Rede bezog er sich an zwei Stellen explizit auf die vorausgegangene Rede Merkels und einmal auf eine in der anschließenden Diskussion von Joe Liebermann an sie gerichtete Frage.
Er bezog sich auf Merkels Hinweis, dass das BIP Indiens und Chinas hinsichtlich der paritätischen Kaufkraft schon größer als das der USA sei. „Das gleichermaßen berechnete BIP der BRIC-Staaten – Brasilien, Russland, Indien und China- übersteigt das BIP der EU. Nach Auffassung der Experten wird diese Entwicklung weiter anhalten.“
Joe Lieberman hatte gefragt, ob „wir“ etwa untätig und willenlos auf die verschiedenen inneren Konflikte in einzelnen Ländern starren sollten, auf das Treiben autoritärer Regimes, von Tyrannen, auf die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen? Putin sagte: „Genau hierin lag das Wesen der Frage, die der Bundeskanzlerin von unserem verehrten Kollegen Lieberman gestellt wurde. Das ist tatsächlich eine ernsthafte Frage! Können wir unbeteiligt zusehen, was passiert? Natürlich nicht.“
Er bezog sich auf das von Merkel kurz angesprochene Thema der internationalen Zusammenarbeit im Energiebereich und sagte: „Im Energiebereich orientiert sich Russland auf die Schaffung von für alle einheitlichen Marktprinzipien und transparenter Bedingungen. Es ist offensichtlich, dass der Preis für Energieträger sich dem Markt anpassen muss und nicht zum Spielball politischer Spek“ulationen, ökonomischen Drucks oder von Erpressung sein darf.
Robert Gates bemerkt in seiner Autobiografie, während der Rede Merkels habe er von seinem Platz am Durchgang Wiktor Yuschtschenko beobachten können, der neben Merkel saß, und zu Putin mit „unverhohlenem Hass“ herüberblickte. Er sei sicher, Putin habe diese Gefühle erwidert. Yuschtschenkos Gesicht war von einer Krankheit gekennzeichnet, die nach seiner Überzeugung Folge einer Vergiftung war.
Vorstellung durch Teltschik
Teltschik wies in seinen einführenden Bemerkungen zur Rede Putins darauf hin, wie wichtig die deutsch-russischen Beziehungen seien, auch für die Europäische Union, zumal Deutschland den EU-Vorsitz und die G8-Präsidentschaft innehabe. Die Erneuerung des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens zwischen Russland und der EU werde vorbereitet.
Inhalte
Zu Beginn seiner 32-minütigen Rede am 10. Februar sagte Putin, das Format der Sicherheitskonferenz biete ihm die Gelegenheit, „der 'übertriebenen Höflichkeit' zu entgehen, mit geschliffenen, angenehmen, aber leeren diplomatischen Worthülsen sprechen zu müssen“ und das zu sagen, was er wirklich denke. Er hoffe, dass der Vorsitzende der Konferenz, Horst Teltschik, ihm nicht gleich das rote Licht einschalte und das Mikro abdrehen werde.
Kritik an der unipolaren Weltordnung
Beginn der Rede Putins am 10. Februar 2007.
Putin betonte zunächst in Bezug auf das Thema der Konferenz den „umfassenden und unteilbaren Charakter der Sicherheit“: „Die Sicherheit des Einzelnen – das ist die Sicherheit aller“. Er zitierte Franklin D. Roosevelt: „Wo auch immer der Frieden gebrochen wird, ist er gleichzeitig überall bedroht und in Gefahr.“
Dies führte zu Putins erstem Thema, einer scharfen Kritik an der unipolaren Weltordnung und der Dominanz der USA, die damit nach dem Ende des Gleichgewichts der Mächte im Kalten Krieg den Weltfrieden gefährde.
Putin stellte die Legitimität einer solchen Weltordnung in Frage: „Ein unipolares Modell ist nicht nur inakzeptabel, sondern auch unmöglich in der heutigen Welt.“ Eine solche Ordnung führe zu Instabilität und Konflikten, da sie die Interessen und Souveränität anderer Nationen missachte. Diese Dominanz bringe einen „fast unkontrollierten Hyper-Einsatz von Gewalt“ in den internationalen Beziehungen mit sich und destabilisiere die globale Sicherheit. Ein solches System sei nicht nachhaltig und zwinge die Weltgemeinschaft dazu, sich gegen die USA zu positionieren und aufzurüsten, auch nuklear, womit er auf den Iran und dessen Atomprogramm anspielte. Die USA hätten „ihre Grenzen in fast allen Bereichen überschritten“. In den „militärischen Abenteuern“ kämen Tausende von friedlichen Menschen ums Leben. Anderen Staaten würden „Regeln aufgedrängt, die sie nicht wollen“. Wem könne das schon gefallen, fragte Putin rhetorisch.
„Eine monopolare Welt, das heißt: ein Machtzentrum, ein Kraftzentrum, ein Entscheidungszentrum. Dieses Modell ist für die Welt unannehmbar. Es ist vernichtend, am Ende auch für den Hegemon selbst.“
Das „monopolare Modell“ habe in dieser Welt keinen moralischen und ethischen Bestand. Er warnte EU und NATO davor, alleine als Konfliktlöser auftreten zu wollen. Es gebe eine fast ungezügelte Anwendung von Gewalt, das Völkerrecht werde zunehmend missachtet. Niemand fühle sich sicher. Grundlage für den Einsatz von Waffen könnten jedoch nur die Statuten der Vereinten Nationen sein. Man solle die Vereinten Nationen nicht durch EU oder NATO ersetzen.
Rolle der Armut
Putin während seiner Rede
Putin identifizierte die Armut in der Welt als ein Hauptproblem globaler Sicherheit. Er kritisierte aber die Hilfsprogramme, insofern sich Unternehmen der Geber-Länder dieses Geld „aneigne[te]n“. Zur selben Zeit würden in den entwickelten Ländern die Subventionen in der Landwirtschaft aufrechterhalten. „Nennen wir die Dinge doch beim Namen: Mit der einen Hand wird ‚wohltätige Hilfe‘ geleistet, aber mit der anderen wird nicht nur die wirtschaftliche Rückständigkeit konserviert, sondern auch noch Profit gescheffelt.“
Rolle von OSZE und NGOs
Putin warf der OSZE vor, sie sei Instrument der USA zur Einmischung in innere Angelegenheiten von Teilnehmerstaaten geworden. Dieser Einmischung sei auch der bürokratische Apparat der OSZE untergeordnet worden, der überhaupt nicht mit den Teilnehmerländern verbunden sei, ebenso wenig wie die Prozeduren für die Annahme von Entscheidungen. Auch die so genannten „Nicht-Regierungs-Organisationen“ dienten der Einmischung. Sie seien zwar formal unabhängig, würden aber zielgerichtet vom Ausland finanziert, und „das heißt kontrolliert“, so Putin.
Militärische Interventionen
Militärische Interventionen der USA und ihrer Verbündeten würden oft ohne die Zustimmung der internationalen Gemeinschaft und unter Missachtung des Völkerrechts durchgeführt. Putin betonte, diese militärischen Aktionen trügen nicht zur Stabilität bei, sondern führten im Gegenteil zu mehr Chaos und Unsicherheit.
„Wir sehen eine immer größere Missachtung der Grundprinzipien des internationalen Rechts. Ein Staat – und dabei spreche ich natürlich zunächst und vor allem von den Vereinigten Staaten – hat seine nationalen Grenzen in jeder Hinsicht überschritten.“
Militarisierung des Weltraums
In der Militarisierung des Weltraums sah Putin die Gefahr, unvorhersehbare Folgen für die Weltgemeinschaft zu provozieren. Er verwies auf Russlands frühere und aktuelle Initiativen zu Verträgen, mit denen der Verzicht auf Waffen im Kosmos festgelegt würden.
Abrüstung
Putin hob kritisch hervor, die NATO-Staaten würden sich unter Vorwänden weigern, den revidierten Vertrag über die Begrenzung der konventionellen Streitkräfte in Europa (KSE) zu ratifizieren. Trotz des Vorwurfes an Russland, Truppen in Moldawien zu stationieren, entstünden in Bulgarien und Rumänien „so genannte leichte amerikanische Vorposten-Basen“ mit jeweils 5000 Mann. „Das bedeutet, dass die NATO ihre Stoßkräfte immer dichter an unsere Staatsgrenzen heranbringt, und wir, die wir uns streng an den Vertrag halten, in keiner Weise auf dieses Vorgehen reagieren.“
Kritik am US-Raketenabwehrschirm gegen Iran
Putin kritisierte den von den USA geplanten Aufbau eines Raketenabwehrsystems in Polen und Tschechien, der offiziell von Seiten der USA mit einer Bedrohung durch „Schurkenstaaten“ wie dem Iran begründet wurde. Putin hielt dagegen: Der Iran bedrohe Europa nicht, da die Reichweite der iranischen Raketen zu kurz sei. Keiner der Problemstaaten habe Raketen mit Reichweiten von 5000 bis 8000 Kilometern, die über Europa abgefangen werden müssten. Er argumentierte, solche Maßnahmen dienten nicht dem Schutz Europas, sondern seien eine strategische Maßnahme gegen Russland. Er habe alternative Sicherheitsvereinbarungen vorgeschlagen, die jedoch von den USA abgelehnt worden seien. Er warnte davor, dass die Raketenabwehrpläne der USA ein neues Wettrüsten auslösen könnten.
NATO-Osterweiterung und Sicherheitsbedenken
Putin während seiner Rede
Ein zentrales Thema seiner Rede war die NATO-Osterweiterung. Der Prozess der NATO-Erweiterung habe keinerlei Bezug zur Modernisierung der Allianz selbst oder zur Gewährleistung der Sicherheit in Europa. „Im Gegenteil, das ist ein provozierender Faktor, der das Niveau des gegenseitigen Vertrauens senkt.“ Die Bedrohung heute gehe heute von Terroristen aus. Dennoch schiebe die NATO ihre militärische Infrastruktur an die russische Grenze. „Warum ist es notwendig, die NATO bis an unsere Grenzen zu erweitern?“ Putin bezeichnete, laut Niels Kruse (Stern) erstmals, die NATO-Osterweiterung an die Grenzen Russlands als direkte Bedrohung für die Sicherheit Russlands. Er verwies auf seiner Auffassung nach gegebene Zusicherungen westlicher Führer nach dem Zerfall des Warschauer Pakts, die NATO würde sich nicht nach Osten ausdehnen: „Die Garantien, die uns gegeben wurden, wurden nicht eingehalten. Ist das normal?“ Putin gab ein angebliches Zitat Manfred Wörners wieder: „Schon der Fakt, dass wir bereit sind, die NATO-Streitkräfte nicht hinter den Grenzen der BRD zu stationieren, gibt der Sowjetunion feste Sicherheitsgarantien.“ Putin fragte, wo diese Sicherheitsgarantien seien. Der Bruch dieser Versprechen habe zu einem Vertrauensverlust geführt. Putin argumentierte, die NATO-Erweiterung trage nicht zur Sicherheit Europas bei, sondern provoziere Spannungen und reduziere das gegenseitige Vertrauen. Die militärische Infrastruktur der NATO reiche „bis an unsere Grenzen“ heran, äußerte Putin. Er warnte die NATO vor „ungezügelter Militäranwendung“. Nordatlantik-Allianz und Europäische Union würden anderen Ländern ihren Willen aufzwingen.
Siehe auch: NATO-Osterweiterung#Position der Sowjetunion und Russlands
Energiepolitik
Putin sprach auch über die Energiepolitik und die Bedeutung von Energie als Instrument der Außenpolitik. Er betonte, Russland sei ein zuverlässiger Lieferant von Energie und die Energiepolitik sollte nicht zur Erpressung genutzt werden. „Wir sind kein Feind, wir sind ein Partner“, sagte Putin und forderte eine faire und transparente Energiepolitik.
Aufruf zu einer multipolaren Welt
Putin plädierte für eine multipolare Welt, in der mehrere Machtzentren koexistieren und kooperieren können. Er betonte die Bedeutung des Völkerrechts und der Vereinten Nationen als Grundlage für globale Sicherheit und Stabilität. Putin forderte ein ausgewogeneres und gerechteres internationales System, das die Souveränität aller Nationen respektiert. Er hob hervor, nur durch Zusammenarbeit und gegenseitigen Respekt könne eine stabile und sichere Weltordnung erreicht werden: „Nur durch gemeinsame Anstrengungen können wir die Herausforderungen der modernen Welt bewältigen“.
Selbstverständnis Russlands
Zum Abschluss äußerte Putin, Russland und er persönlich würden oft dazu aufgerufen, eine noch aktivere Rolle in den Angelegenheiten der Welt zu spielen. Dazu machte Putin die folgende Anmerkung;
Russland ist ein Land mit einer mehr als tausendjährigen Geschichte und fast immer hatte es das Privileg, eine unabhängige Außenpolitik führen zu können.
An dieser Tradition werde man nichts ändern. Angesichts der Veränderung der Welt schätze man realistisch die eigenen Möglichkeiten und sein Potenzial ein.
Und natürlich möchten wir gerne mit verantwortungsvollen und ebenfalls selbständigen Partnern zusammenarbeiten am Aufbau einer gerechten und demokratischen Welt, in der Sicherheit und Aufblühen nicht nur für Auserwählte, sondern für alle gewährleistet ist.
Diskussion
Nach der Rede dankte Horst Teltschik Putin für seine „wichtige Rede“ und erwähnte, man habe „neue Themen“ gehört, Abrüstung, Rüstungskontrolle, die Beziehungen von NATO und Russland, die technologische Zusammenarbeit, einschließlich des Themas einer globalen Sicherheitsarchitektur. Horst Teltschik fügte in Parenthese hinzu, dieses Thema habe in den letzten Jahren nicht im Vordergrund gestanden. Er eröffnete die Diskussion, die etwa 30 Minuten dauerte. Es wurden acht Fragen gestellt:
Markus Meckel: Ob Putin die Selbstbestimmung der neuen NATO-Mitglieder anerkenne und eingestehe, dass die Erweiterung der NATO die Ostgrenzen sicherer mache. Warum habe er Angst vor Demokratie? Der Fragesteller äußerte Besorgnis wegen der Verfolgung von Journalisten und der Einschränkung der Arbeit von NGOs in Russland.
Senator Johnny Isakson: Der internationale Terrorismus habe zugenommen, weshalb der Schutz von Kernmaterialien und die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen wichtig seien.
Ruprecht Pohlenz: Was werde mit dem Kosovo und mit Serbien? Wie stehe Putin zu Martti Ahtisaaris Vorschlägen?
Stefan Kornelius: Welche Erfahrungen habe die russische Armee hinsichtlich der übermäßigen Gewaltanwendung in Tschetschenien gemacht? Hinsichtlich der Energiewirtschaft wurde Putin gefragt, ob er bereit sei, die Sicherheit der Energielieferungen zu garantieren und dies in dem EU-Partnerschaftsabkommen festzuschreiben.
Jane Harman: Welche Bemühungen werde Russland unternehmen, um die Entwicklung von Kernwaffen im Iran zu stoppen?
Josef Joffe: Ob es stimme, dass Russland einen verstärkten Druck in Form von Sanktionen auf den Iran verhindere. Ob russische Lieferungen von „hoch-sophisticated“ Waffen an den Iran nicht den Druck verminderten; diese seien auch im Libanon und im Gaza-Streifen gelandet.
Senator Jon Kyl: Nur Russland entwickele neue strategische Waffen. Putin wurde aufgefordert zu sagen, dass Russland nie Kriegshandlungen ohne Zustimmung der UNO führen werde, unabhängig davon, ob seine internationalen Interessen bedroht sind.
Kenneth Roth: Putin kritisiere Unipolarität, sein Land werde aber unipolar regiert. Inwiefern könne man von so einem Land Sicherheit bei den Energielieferungen erwarten?
Putin antwortete zu den einzelnen Punkten:
Die eigene Sicherheit zu gewährleisten, sei natürlich das ausschließliche Recht eines jeden souveränen Staates. Warum solle jedoch bei der Erweiterung ausgerechnet die Militärinfrastruktur näher an die russischen Grenzen verlegt werden: „Was hat der Ausbau der militärischen Infrastruktur mit der Abwendung der globalen Bedrohungen der Gegenwart gemein? (…) Die Erweiterung der militärischen Infrastruktur in der Nähe unserer Grenzen hat hier mit dem demokratischen Auswahlrecht einzelner Staaten nichts zu tun. Diese beiden Begriffe dürfen nicht verwechselt werden.“
Wenn NGOs von ausländischen Regierungen finanziert würden, so betrachte Russland diese als Instrumente ausländischer Staaten bei der Realisierung einer Politik gegenüber Russland. Außerdem gebe es in allen Ländern bestimmte Regeln für die Finanzierung beispielsweise von Wahlkampagnen. Über die nichtstaatlichen Organisationen erfolge die Finanzierung aus Regierungsquellen anderer Länder. Das sei nicht demokratisch, sondern eine Beeinflussung eines Staates durch einen anderen. Russland sei daran interessiert, „dass sich die zivile Gesellschaft innerhalb von Russland selbst entwickelt, dass sie die Behörden rügt und kritisiert und der Macht hilft, deren Fehler zu finden und die Politik im Interesse der Menschen zu korrigieren.“ Die Ermordung von Journalisten werde gerichtlich verfolgt, dem Fragesteller sei aber als Fachmann bekannt, dass es die meisten Morde an Journalisten im Irak gebe.
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Putin äußerte, wenn eine Vertragspartei mit der vorgeschlagenen Lösung zur Energiesicherheit grundsätzlich unzufrieden sei, würde Russland diese Lösung nicht unterstützen. Was Tschetschenien betreffe, so seien ein Parlament und ein Präsident gewählt worden und es bestehe eine Regierung. So gut wie alle politischen Kräfte in Tschetschenien seien in den Aufbau eines Macht- und Verwaltungsapparates einbezogen. Die Prinzipien der Energiecharta seien im Großen und Ganzen akzeptabel. „Doch die Charta selbst passt uns nicht ganz. Denn sie wird weder von uns noch von unseren europäischen Partnern erfüllt. Man denke allein an den Markt für Kernmaterial, von dem wir ausgeschlossen bleiben.“
Putin sprach von Beweisen dafür, dass die Technologien zur Entwicklung von Raketen sowohl aus Europa als auch aus asiatischen Staaten an den Iran flössen. Irans Raketen seien mit einer Reichweite von 1600/1700 Kilometern keine Bedrohung für Europa. Russland lehne die Entwicklung iranischer Atomwaffen ab. Die militärtechnische Zusammenarbeit sei minimal.
Im Libanon habe Russland Aufbauarbeit in der Infrastruktur geleistet. Im Gaza-Streifen seien keine russischen Waffen, außer vielleicht Kalaschnikows, im Libanon seien gegen die Vereinbarung von Syrien russische Panzerabwehrwaffen zurückgelassen worden. Dies soll in Zukunft durch Kontrollen verhindert werden.
Russland wisse, dass die Vereinigten Staaten an einem Raketenabwehrsystem arbeiten, das die Bedrohung durch die heutigen Nuklearkräfte Russlands völlig neutralisieren würde. Dies bedeute, dass „das Kräftegleichgewicht absolut zerstört wird und dass bei einer der Seiten das Gefühl einer völligen Sicherheit entstehen wird, was ihr Handlungsfreiheit geben würde, und zwar nicht nur in lokalen, sondern vielleicht bereits auch in globalen Konflikten.“ Angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen und finanziellen Möglichkeiten Russlands müsse man eine billigere asymmetrische Antwort geben. Dies sei nicht gegen die USA gerichtet, es sei nichts Persönliches, sondern reine Kalkulation. „Das System der Beziehungen ist wie Mathematik.“ Russland werde stets strikt im Rahmen des Völkerrechts agieren. Als Jurist erlaube er sich, sich selbst wie die Kollegen daran zu erinnern, dass für Friedensoperationen gemäß der UNO-Charta Sanktionen der Organisation der Vereinten Nationen und des UN-Sicherheitsrates erforderlich sind. „In der UNO-Charta gibt es auch einen Artikel über das Recht auf Selbstverteidigung. Da sind keine Sanktionen mehr nötig.“
Russland entwickele sich zu einem Mehrparteienstaat, der Fragesteller solle sich mit den Oppositionsparteien unterhalten, um sich zu überzeugen. Zur Erhöhung der Energiesicherheit habe man mit der Ukraine einen 5-jährigen Durchleitungsvertrag statt der bisherigen jährlichen Verhandlungen abgeschlossen.
Teltschik verwies auf eine weitere Gesprächsmöglichkeiten in der Paneldiskussion mit dem Außenminister Russlands am Sonntag.
Reaktionen der Teilnehmer
Allgemeine Einschätzungen
Die erste Sitzreihe mit den Konferenzrednern, hier während der Rede Putins. Ganz links Sergei Borissowitsch Iwanow.
Nach der Darstellung Jochen Bittners (Die Zeit) schienen viele der Sicherheitspolitiker und -experten die Tragweite von Putins Worten unmittelbar nach seiner Rede noch nicht recht erfasst zu haben. Kurt Beck habe in seiner späteren Rede völlig unbeeindruckt davon gesprochen, dass Deutschland die „besondere strategische Partnerschaft mit Russland voranbringen“ wolle. Der US-amerikanischen Delegation in der ersten Reihe habe Schlimmes geschwant. Die Mienen seien versteinert gewesen, schreibt der Spiegel. David Ignatius, der teilgenommen hatte, schrieb im Rückblick 2022, Putins Rede habe keinen großen Eindruck gemacht. „Amerika führte damals zwei heiße Kriege, im Irak und in Afghanistan, und Putins Russland schien zu schwach, um sich Sorgen zu machen.“ Außenminister Robert Gates kommentierte in seiner Autobiografie, „alle“ seien von der Schmährede (diatribe) gegen die USA überrascht worden, die allgemeine Wirkung, besonders auf die Europäer, sei wie eine eiskalte Dusche gewesen.
Einzelne Stimmen
NATO
NATO-GeneralsekretärJaap de Hoop Scheffer habe verärgert reagiert und „einen Bruch“ gesehen: Die Äußerungen von Putin passten nicht zur viel beschworenen „Partnerschaft zwischen Russland und der Nato“. (Laut NZZ sprach De Hoop Scheffer von einem „Bruch zwischen Fakten und Rhetorik“.) In seiner Rede habe sich De Hoop Scheffer enttäuscht gezeigt und sein Unverständnis für Putins Äußerung gegen die NATO-Osterweiterung bekundet. Er fragte, wie man sich denn sorgen könne, „wenn Demokratie und Rechtsstaat näher an die Grenzen rücken“?
De Hoop-Scheffer
Ich muss ehrlich zugeben, dass ich eine Diskrepanz sehe zwischen der NATO-Russland-Partnerschaft, wie sie sich entwickelt hat und wie sie sich derzeit entwickelt, und Präsident Putins Rede heute Morgen. Ich kann meine Enttäuschung darüber nicht verbergen … . Ich denke, das ist nicht hilfreich, denn diese Partnerschaft zwischen NATO und Russland ist eine Partnerschaft, die für beide Seiten einen Mehrwert bietet. (…) Und wer könnte sich darüber Sorgen machen? Ich frage mich selbst und Sie rhetorisch – und ich weiß, dass ich hier Präsident Ilves aus Estland zitiere – wer könnte beunruhigt sein, dass Demokratie und Rechtsstaatlichkeit näher an die Grenzen eines Landes heranrücken? Wer könnte sich darüber Sorgen machen? Ich nicht, und ich denke, niemand sollte es tun. In diesem Sinne hoffe ich, dass Wege gefunden werden, meine Enttäuschung – und ich denke auch die Enttäuschung der Alliierten – zu mindern.
Deutschland
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte ihre Überzeugung, dass auch in Zukunft die NATO der „stärkste Ausdruck gemeinsam formulierter Sicherheitspolitik“ bleibe. Merkel schrieb 2024 in ihren Memoiren, Putins Referenzpunkt seien einzig und allein die USA gewesen. Er habe von den Rollen geträumt, die die ehemalige Sowjetunion und die USA in den alten Zeiten des Kalten Kriegs hatten, als sie sich als zwei Supermächte gegenüberstanden. Sie kritisierte ihn als selbstgerecht, er habe kein Wort zu den ungelösten Konflikten vor seiner Haustür in Berg-Karabach, in Moldawien und Georgien verloren, er habe zwar Kritik am NATO-Einsatz in Serbien geübt, habe aber kein Wort zu den Gräueltaten der Serben beim Auseinanderfallen des ehemaligen Jugoslawien verloren. Die Kritik am Irakkrieg habe sich hingegen als berechtigt erwiesen. Merkel bedauerte das Scheitern der Ratifizierung des angepassten Vertrags über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE-Vertrag) an der mangelnden Zustimmung der NATO-Staaten, das mit der Präsenz russischer Militärbeobachter in Georgien begründet wurde.
Steinmeier
Außenminister Walter Steinmeier ging in seiner Rede an keinem Punkt auf Putins Rede ein. Er äußerte gegen Ende, die Zusammenarbeit Europas mit Russland, der USA und China, sei entscheidend für die Lösung zentraler Sicherheitsfragen. Dabei sprach er die Notwendigkeit an, den Iran und andere Staaten vom nuklearen Wettrüsten abzuhalten und hob hervor, dass die Zusammenarbeit mit Russland bei der Eindämmung von Konflikten und der nuklearen Abrüstung von großer Bedeutung sei. Abschließend rief Steinmeier dazu auf, die euro-atlantische Partnerschaft durch kreative und dynamische Zusammenarbeit zu stärken, um eine stabile globale Ordnung zu prägen und eine bessere Welt zu schaffen.
Der CDU-Außenpolitiker und damaliger Oppositionsführer im Berliner Abgeordnetenhaus, Friedbert Pflüger, teilte die Enttäuschung Scheffers. Man habe von Putin eine Rede zur strategischen Partnerschaft zwischen NATO und Russland erwartet, „aber davon war er weit entfernt“. Bei Putin sei „viel Verletzung“ spürbar gewesen, „Verletzung über die verlorene Weltmachtrolle“, interpretierte Pflüger.
Jung und Iwanow (Bild: Cherie A. Thurlby, DD)
Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) äußerte Verständnis für die Sorgen Putins und erklärte: „Ich hoffe, wir können beim nächsten NATO-Russland-Rat darüber sprechen“. In seiner Rede hob er hervor, dass Russland ein wichtiger Partner für die NATO sei, insbesondere im Rahmen der NATO-Russland-Rat-Partnerschaft. Er erkannte die gemeinsamen Sicherheitsinteressen an, betonte jedoch, dass die NATO nicht als Weltpolizei agieren könne und ihre Kernaufgabe weiterhin die Sicherung der europäischen und nordamerikanischen Interessen bleibe. Die NATO müsse jedoch auch bei der Bewältigung globaler Krisen eine Schlüsselrolle spielen.
Beck
Kurt Beck wurde nach der Rede Putins gefragt, ob der Kalte Krieg wieder ausgebrochen sei. „Genau das Gegenteil habe ich erlebt. Wir haben einen offenen Austausch darüber, wie ein stabiles Miteinander entstehen kann.“ Beck zeigte sich beeindruckt von Putins Offenheit und wies Sorgen um einen neuen Kalten Krieg zurück. Beck forderte: „Man muss den Dialog mit Russland intensiver führen.“ „Wir haben einen offenen Austausch darüber, wie ein stabiles Miteinander entstehen kann.“ Der SPD-Außenexperte Karsten Voigt wies darauf hin, dass es Putin nicht um die Meinungen der Konferenzteilnehmer gegangen sei. Putin habe die Rede an die Öffentlichkeit gerichtet. Es sei keine Propagandarede, es sei klar geworden, was Putin wirklich denke: „Wir müssen das ernst nehmen.“
Der ehemalige Vorsitzende des NATO-Militärausschusses, Klaus Naumann, attestierte Putin eine verpasste Chance und verspielte Sympathien: Putin habe versucht, „den Eindruck eines starken Russlands zu erwecken, tatsächlich aber sei das Land schwach“.
Horst Teltschik befand am 2. Juni 2007, viele Punkte der Rede Putins seien noch nicht aufgenommen worden. Die Rede habe einen Gesprächsbedarf auf höchster Ebene deutlich gemacht, dem man nicht nachgekommen sei. Putins Rede habe auf die aggressive Vorjahresrede Mc Cains geantwortet. Es handele sich nicht, wie oft behauptet, um einen neuen kalten Krieg. Das Verhalten Russlands erkläre sich aus dem geschwächten Image der USA und den innenpolitischen Rücksichten Putins wegen der anstehenden DUMA- und Präsidentschaftswahlen. Putin finde sich außerdem zurecht nicht genügend unterrichtet und konsultiert, etwa in der Frage des NATO-Beitritts der Ukraine. Die Klugheit fordere die Einbeziehung der russischen Perzeption und die Förderung der Integration Russlands in Europa. Die Beziehung der NATO zu Russland müsse, wie, weitgehend ignoriert, Angela Merkel angesprochen hatte, weiterentwickelt werden; ein NATO-Beitritt, und, wie von Jabloko vorgeschlagen, ein EU-Beitritt, seien zu erwägen. Die Fortsetzung von „Kohls Partnerschaftspolitik“ sei entscheidend, um zu verhindern, dass Russland in alte politische Formen zurückfallen könnte. Die Demokratisierung Russlands brauche Zeit, die an Russland angelegten Maßstäbe seien überzogen und im Vergleich zur Behandlung anderer Länder wie China ungerecht. Die Vision einer gesamteuropäischen Ordnung wie in der Charta von Paris für ein neues Europa (1990) sei nicht strategisch und kooperativ umgesetzt worden, sondern das Agieren der Politik sei einem muddling vergleichbar, es bestehe aus punktuellen Reaktionen auf unerwartete Ereignisse.
Angelika Beer von der Partei Bündnis 90/Die Grünen sagte: „Ich sehe nicht, wie wir auf dieser Grundlage einen neuen Partnerschaftspakt aushandeln können.“
Russland
Putins Sprecher Dmitri Peskow hob hervor, dass die Rede zeigen sollte, dass Russland aufgrund seiner gewachsenen Rolle auf der Weltbühne Anspruch auf Mitsprache erhebe und nannte die Rede einen „Alarmruf“. Es gehe „nicht um Konfrontation, sondern um Sorge“. Außenminister Sergej Iwanow, der zum siebten Mal teilnahm, sagte auf einer anschließenden Pressekonferenz: „Ich denke, dass die Rede des russischen Präsidenten sehr auf den Punkt war. Das ist kein Denken des kalten Krieges.“ Iwanow erinnerte an die Unterschiede in den Verteidigungsbudgets. Außerdem gebe es mehr gewaltsame Konflikte weltweit als zu Zeiten des Kalten Krieges. Das Raketenabwehrsystem in Polen und Tschechien sei technisch nur auf Russland gerichtet.
USA
McCain und Gates
Der amerikanische Senator John McCain widersprach der Einschätzung Putins zur Rolle Amerikas. Russland entferne sich immer mehr von „unseren wesentlichen Werten“, was eine Partnerschaft ausschließe. Es gebe keine unipolare Welt, die US-Stützpunkte in Osteuropa seien auf Wunsch der neuen Mitglieder der Allianz entstanden. Er fand die Rede sehr aggressiv, aber die USA begrüßten den Dialog, so McCain, und man freue sich auf weitere Diskussionen.
Liebermann und Merkel
Joe Liebermann bezeichnete die Äußerungen Putins als provokant und enttäuschend, weil er gehofft habe, „wir wären über diese Art von Rhetorik hinaus.“
US-Senator Lindsey Graham bemerkte: „Mit seiner einzigen Rede hat er mehr dazu beigetragen, die Vereinigten Staaten und Europa zu vereinen, als wir allein in einem Jahrzehnt erreichen könnten.“
Putin und Gates (Bild: Cherie A. Thurlby, DD)
Der amerikanische Verteidigungsminister Robert Gates sagte in der Eröffnungsrede am nächsten und letzten Tag der Konferenz: „Keiner will einen neuen Kalten Krieg mit Russland.“ Er äußerte, viele der Zuhörer hätten einen diplomatischen oder politischen Hintergrund, wie der gestrige zweite Redner Putin habe auch er selbst eine Karriere im Spionagegeschäft. „Und ich schätze, alte Spione haben die Angewohnheit, unverblümt zu sprechen.“ Gates äußerte Bedenken hinsichtlich russischer Waffenlieferungen. Russland sei versucht, Energieressourcen für politische Zwecke zu nutzen, dies könne die internationale Stabilität gefährden. Er sah jedoch gemeinsame Problemen und Herausforderungen, die in Partnerschaft mit anderen Ländern, darunter Russland, angegangen werden müssten.
Nach Darstellung der NZZ stellte Gates in seiner Rede fest, dass in der weltpolitischen Wende von 1989/91 nicht einfach die NATO über den Warschaupakt „gesiegt“ habe, sondern die Ideen von Freiheit und Menschenrechten Strahlkraft und Vorrang über die Mächte der Unterdrückung und Unfreiheit bewiesen hätten. Gates habe sich ausdrücklich auch auf Distanz zu überholten Unterscheidungen zwischen „altem“ und „neuem“ Europa gehalten, „mit denen sein Amtsvorgänger Rumsfeld mehrmals NATO-Partner diesseits des Atlantiks verärgert hatte.“ Gates habe gelassen und erstaunt auf Putins Vorwürfe reagiert und die von Putin und Verteidigungsminister Iwanow an ihn ergangene Einladung nach Moskau erwähnt.
Putin und Gates (Bild: Cherie A. Thurlby, DD)
In seinen Memoiren führte Gates aus, er habe während der Rede Putins Notizen gemacht und seinen Redeentwurf umgearbeitet, da ihm die „Schärfe“ der Ausführungen Putins als Chance erschienen. Nach Rücksprache mit seinem Deputy Assistant Secretary for Europe Dan Fata und gegen die Erwartung machner US Offizieller habe er bei seinem ersten öffentlichen Auftritt als Verteidigungsminister keine harte Erwiderung in derselben Tonart gewählt, sondern Humor als Waffe eingesetzt. Seine Rede sei im Publikum, aber auch später in Europa und den USA positiv aufgenommen worden. Charles Powell habe den allgemeinen Eindruck gut wiedergegeben: Gates habe genau den richtigen Ton des bösen Humors getroffen, al ser ihm eine Ohrfeige verpasste und ihn in seine Schranken wies. Nach der Konferenz habe er Bush seine Überzeugung mitgeteilt, dass der Westen und insbesondere die Vereinigten Staaten ab 1993 das Ausmaß der Demütigung Russlands durch die Niederlage im Kalten Krieg und der folgenden Auflösung der Sowjetunion stark unterschätzt hätten, die das Ende des jahrhundertealten Russischen Reiches bedeutete.
The arrogance, after the collapse, of American government officials, academicians, businessmen, and politicians, in telling the Russians how to conduct their domestic and international affairs (not to mention the internal psychological impact of their precipitous fall from superpower status) had led to deep and long-term resentment and bitterness. (Die Arroganz amerikanischer Regierungsbeamter, Akademiker, Geschäftsleute und Politiker, die den Russen nach dem Zusammenbruch vorschreiben wollten, wie sie ihre inneren und internationalen Angelegenheiten zu regeln haben (ganz zu schweigen von den internen psychologischen Auswirkungen ihres überstürzten Abstiegs aus dem Status einer Supermacht), hatte zu tiefen und langfristigen Ressentiments und Verbitterung geführt.)
Tschechien
Karel von Schwarzenberg
Der neue tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg äußerte: „Irgendjemand hat hier nicht gemerkt, dass es die Sowjetunion nicht mehr gibt“. Falls in Polen und in der tschechischen Republik Teil eines Raketenschutzschildes werde, dann betreffe das Polen, die tschechische Republik und die NATO. Und niemanden sonst, sagte er laut Stern. Putins Äußerungen zeigten, so Schwarzenberg nach Reuters, wie wichtig eine Ausweitung des transatlantischen Militärbündnisses der NATO sei. Reuters zitiert ihn: „Wir müssen Präsident Putin danken, der sich nicht nur darum bemüht hat, dieser Konferenz eine größere Publizität zu verleihen, als wir erwartet hatten, sondern der auch klar und überzeugend argumentiert hat, warum die NATO erweitert werden sollte“. Aus Prager Sicht sei auch die hinter Putins Anschuldigungen stehende Idee einer russischen «Einspruchszone» in Osteuropa definitiv überholt.
Schweden
Der schwedische Außenminister Carl Bildt äußerte gegenüber Reuters: „Dies ist das wahre Russland von heute, und möglicherweise könnte es in vier oder fünf Jahren noch weitere Schritte in diese Richtung unternehmen.“
Nach der Rede
Bundeskanzlerin Merkel traf sich nach der Rede mit Putin zu einem Privatgespräch unter vier Augen. Der Ton des Gesprächs soll laut Die Welt angenehm gewesen sein. Die Stimmung soll sich gelockert haben. Putin lud CSU-Chef Edmund Stoiber zum Abschiedsbesuch nach Moskau ein. Beide sollen sich laut Die Welt so gut verstanden haben, dass sie zum Du übergegangen seien.
Gates akzeptierte die Einladung Putins und Iwanows, nach Moskau zu kommen.
Am Abend erneuerte Putin laut La Stampa seinen „Angriff“ bei Al Jazeera, wo er erklärte, dass die amerikanische Intervention dem Irak mehr Schaden zugefügt habe als Saddams Diktatur. Am Abend reagierte auch das Weiße Haus über seinen Sprecher Gordon Johndroe: „Wir sind überrascht und enttäuscht von den Äußerungen von Präsident Putin. Seine Anschuldigungen sind falsch. Wir gehen davon aus, dass wir die Zusammenarbeit mit Russland in für die internationale Gemeinschaft wichtigen Bereichen wie der Terrorismusbekämpfung und der Verringerung der Verbreitung und Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen fortsetzen werden.“
Was das Missverständnis Arturo Parisis betraf, hatte Putin geäußert: „Vielleicht habe ich den italienischen Verteidigungsminister missverstanden, als er sagte, dass die UN, die EU und die NATO die internationalen Organisationen seien, die den Einsatz von Gewalt legitimieren könnten. Wir glauben, dass nur die UNO das schaffen kann.“ Parisi antwortete laut La Stampa: „Wir sind uns einig. Es handelte sich um ein Missverständnis, das sofort geklärt wurde.“
Panel am Sonntag, 11. Februar 2007
Auf dem Panel nach der 43. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik äußerte Außenminister Iwanow, der das letzte der Panels eröffnete, „deutlich entspannter als sein Präsident am Vortag“, seine Regierung habe den Krieg gegen den Terrorismus zu einem Schwerpunkt des G-8-Gipfels 2006 in St. Petersburg gemacht. Der westliche Krieg gegen den Terror sei kein Kampf gegen eine militärische Bedrohung, sondern gegen eine asymmetrische Technik. Er habe die Forderung Putins nach der Legitimität des UN-Sicherheitsrates für jegliche militärische Aktion wiederholt und es abgelehnt, über Tschetschenien zu sprechen. Er habe, so die US-Botschaft, Putins „umstrittene Äußerungen“ vom Vortag verteidigt: Putins Rede habe die internationale Gemeinschaft lediglich daran erinnert, dass die USA und die NATO ihre vor über zehn Jahren eingegangene Verpflichtung gebrochen hätten, die NATO nicht bis an die russische Grenze auszudehnen. Man würde die Ansichten Russlands anderen Ländern nicht aufzwingen. Russland habe nicht die Absicht, einen zweiten Kalten Krieg zu provozieren. Ein Kalter Krieg nütze keinem Land. Iwanow stellte außerdem die Steigerung der Militärausgaben der USA in den letzten Jahren dar, die das Maximum des Kalten Krieges um das Doppelte überschritten hätten, während die Militärausgaben Russlands etwa 2,7 Prozent des BIP ausmachten und damit weit entfernt von den fast 30 Prozent der Sowjetunion während des Kalten Krieges seien.
Er erklärte, Russland werde keine ihm aufgezwungenen multilateralen Entscheidungen akzeptieren, an deren Ausarbeitung es nicht beteiligt war.
Besuch Stephen Hadleys in Moskau
Am 22. Februar 2007 besuchte Sicherheitsberater Stephen Hadley Moskau und traf zunächst mit dem Sekretär des russischen Sicherheitsrates, dem früheren Außenminister IgorSergejewitsch Iwanow zusammen, später mit dem ersten stellvertretenden Regierungschef Sergei Borissowitsch Iwanow und mit Dmitri Medwedew. Igor Iwanow habe betont, so die NZZ, die Bewältigung der Herausforderungen durch den internationalen Terrorismus, durch die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und durch ungelöste regionale Konflikte hänge von der Effektivität der Zusammenarbeit zwischen den USA und Russland ab. Hadley habe auf eine Reihe von Fragen hingewiesen, wo Übereinstimmung herrsche. Themen waren der Atomstreit mit Iran, Nordkorea, Kosovo und die Lage im Irak und in Afghanistan. Igor Iwanow habe besonderen Wert auf einen intensiven, sich noch weiter entwickelnden Dialog gelegt, um den Irritationen entgegenzuwirken. Ähnlich habe sich Sergei Iwanow geäußert. Besondere Aufmerksamkeit habe in Moskau den amerikanischen Raketenabwehrplänen gegolten, wobei Hadley beteuert habe, die Abwehrbatterien seien nicht gegen russische Raketen vorgesehen. Hadley habe nicht verstehen können, dass hohe russische Militärs wegen dieser Raketenabwehr den Vertrags über die Liquidierung von Mittel- und Kurzstreckenraketen kündigen wollten und rief die Bedeutung dieses Vertrags für die Sicherheit in Europa in Erinnerung. Die NZZ kommentierte: „Die Befürchtungen Russlands, im Gleichgewicht des Schreckens den Kürzeren zu ziehen, dürfte er damit nicht beseitigt haben.“
Nachwirkung
NATO-Gipfel 2008
→ Hauptartikel: NATO-Gipfel in Bukarest 2008
Der NATO-Gipfel in Bukarest 2008 (20. Gipfel des Bündnisses), fand vom 2. bis 4. April 2008 in Bukarest statt. Im Fokus standen die NATO-Erweiterung, der Krieg in Afghanistan und die kontrovers diskutierten Beitrittsgesuche der Ukraine und Georgiens. Die Entscheidungen des Gipfels gelten als Schlüsselmoment für die spätere eskalierende Ost-West-Spannung. Albanien und Kroatien erhielten eine offizielle Einladung zu Beitrittsgesprächen. Für Nordmazedonien galt dies unter Vorbehalt der Klärung des Namensstreits mit Griechenland. Ukraine und Georgien: Trotz US-amerikanischer und osteuropäischer Unterstützung wurde der geforderte „Aktionsplan zur Mitgliedschaft“ (MAP) blockiert. Ein von Angela Merkel initiierter Kompromiss sah vor, in die Abschlusserklärung den Satz aufzunehmen: „Diese Länder werden NATO-Mitglieder sein.“ Das Pro-MAP-Lager mit der USA, Polen, den baltischen Staaten und Tschechien argumentierte mit dem Selbstbestimmungsrecht post-sowjetischer Staaten. Das Kontra-Lager mit Deutschland und Frankreich verwies auf Warnungen des AA vor russischen Gegenmaßnahmen. Merkel betonte interne Spaltungen in der Ukraine (pro-westliche vs. prorussische Kräfte). Einen Tag nach der Abschlusserklärung fand während des NATO-Gipfels das Treffen des NATO-Russland-Rats statt, auf dem Putin den Aufschub der Aufnahme des MAP begrüßte und zugleich wie 2007 den Standpunkt Russlands klärte. Die Duma kündigte an, den Freundschaftsvertrag von 1997 aufzukündigen, falls die Ukraine ein MAP-Angebot erhielte.
Angela Stent kritisierte, die unklare Zusage an die Ukraine in der Abschlusserklärung sei unnötig provokant gewesen und habe das Problem für Russland offen gehalten, dies habe Russland in dem Entschluss bestärkt, seine Vorherrschaft über den postsowjetischen Raum wiederherzustellen.
Georgienkrieg
→ Hauptartikel: Kaukasuskrieg 2008
Wirkungen der von Putin in seiner Rede deutlich gemachten außenpolitischen Grundhaltung zeigten sich im Georgienkrieg 2008, der laut Eckart Conze als eine Präventivmaßnahme gegen die NATO-Osterweiterung zu verstehen war. Fiona Hill stellte 2016 den Zusammenhang zwischen Putins Aussagen 2007 und 2008 und dem Georgienkrieg heraus:
Putin erklärte seinerzeit, wenn auch nur irgendetwas darauf hindeute, dass die Ukraine und Georgien der NATO beitreten sollten, wäre damit für Russland eine rote Linie überschritten. In den Staaten des Westens wurde dies überwiegend als leere Drohung abgetan. (…)
Der Krieg im August 2008 gegen Georgien sei von den USA und der NATO aber dennoch nicht als deutliche Warnung davor verstanden, was Russland wirklich beabsichtigte, was nach Meinung von Hill vor allem an der Rolle lag, die Saakaschwili dabei spielte.
Dennoch war der Krieg ein Wendepunkt in den Beziehungen zwischen Russland und dem Westen, zeigte er doch, dass Putin dazu bereit war, militärisch einzugreifen, wenn Moskau der Meinung war, eigene, wichtige Sicherheitsbelange würden in einer Angelegenheit nicht ausreichend berücksichtigt.
Krim-Annexion und Ukraine-Krieg
→ Hauptartikel: Annexion der Krim 2014 und Ukrainekrieg
Der Gipfel gilt auch als Katalysator für die Krim-Annexion 2014. Angela Stent sah 2019 den Ukraine-Krieg ab 2014 als Folge des NATO-Gipfels 2008.
Bewertung in Medien und Politik 2007
Russland
Boris Kaimakov, Ria Novosti
Boris Kaimakov, politischer Kommentator bei RIA Novosti, schrieb am 21. Februar 2007, die Rede könne nicht einfach auf Moskaus Vorwürfe an Washington reduziert werden. Putin sei nicht nach München gereist, um sein Publikum zu schockieren, sondern um Fakten darzustellen, etwa den stark angewachsene Verteidigungsetat der USA. Moskau wisse, dass die USA derzeit im Irak-Krieg führe und kurz davor stünde, in den Iran einzumarschieren. Angesichts der bröckelnden Rüstungskontrollverträge sei die amerikanische Aufrüstung gefährlich geworden, besonders wegen der Modernisierung amerikanischer ballistischer Raketen.
Wäre die Weltlage anders, würde der Kreml vielleicht nicht so empfindlich auf die Stationierung von zehn Raketen in polnischen Silos oder die Stationierung eines Raketenabwehrsystems in der Tschechischen Republik reagieren. Bush könnte Putin wahrscheinlich davon überzeugen, dass diese Systeme als Schutz gegen Schurkenstaaten und die wachsende Bedrohung durch den Nahen Osten dienen. Aber wenn es um eine strategische Frage der nationalen Sicherheit geht, kann Russland diese Schritte in der Nähe seiner Grenzen nur als Bedrohung für sich selbst wahrnehmen.
Trotz ihrer Freundschaft müssten Putin und Bush darauf hören, was ihre obersten Generäle über eine Änderung der strategischen Lage sagen. Die Münchner Rede würde dies bestätigen: „Sie ruft zu einer ruhigen Diskussion auf, nicht zum Beginn eines neuen Kalten Krieges.“
USA
New York Times
Thomas Shanker und Mark Landler (NYT) kommentierten, in der lebhaften Diskussionsrunde habe Putin erkennen lassen, dass es ihm Freude mache, das internationale Publikum aus Politikern, Regierungschefs, politischen Analysten und Menschenrechtsaktivisten zu provozieren. Einige Analysten hätten den Ton der Rede als Beweis dafür genommen, wie sehr die Einnahmen aus Öl und Mineralien Putin gestärkt hätten.
John Vinocur kommentierte am 13. Februar 2007 unter dem Titel Putins Rache ist ein Schlag ins Gesicht für Bush, Wladimir Putin habe Amerika in seine zutiefst zynischen Rede mit Verachtung überhäuft, dies sei aber nicht der Beginn eines neuen Kalten Krieges, „der den Zwecken eines Staates mit einer Rohstoffwirtschaft und einer demokratischen Infrastruktur, die an die Nigerias erinnert, auch nicht dienen könnte“. Es sei jedoch unmissverständlich, dass Russland Amerikas missliche Lage in Irak, Iran, Afghanistan voll ausnutzen wolle.
Und indem es die USA als das eigentliche globale Problem darstellte, war es ein Appell an Amerikas Verbündete und Klienten, sich von einem unipolaren „Herrn“ zu emanzipieren, dessen Politik, in Putins Worten, „für den Souverän fatal ist, weil sie ihn von innen zerstört“.
Max Boot, Los Angeles Times
Max Boot (Council on Foreign Relations, Berater McCains) kommentierte in der Los Angeles Times unter dem Titel Die Laus, die brüllte, Putin habe wenig unternommen, um die ernsten Probleme seines Landes zu lösen. „Stattdessen hat er den Ölreichtum des Landes genutzt, um seinen Einfluss auszuweiten, in einem erbärmlichen Versuch, die Illusion aufrechtzuerhalten, dass Russland weiterhin eine Großmacht sei. Um Dean Acheson zu paraphrasieren: Russland hat ein Imperium verloren und noch keine Rolle darin gefunden.“ Boot verglich Russlands geringe Bevölkerungszahl, Lebenserwartung, Wirtschaftsleistung und Armeegröße mit der UdSSR und anderen Ländern und fand Putins Auftreten frech und fadenscheinig angesichts Demokratieabbau, dem Vorgehen in Tschetschenien und der Verfolgung kritischer Journalisten.
Anne Applebaum, Washington Post
Anne Applebaum kommentierte in ihrem OpEd vom 20. Februar 2007, Putin habe die Vereinigten Staaten beschuldigt, den Planeten in einen „Abgrund permanenter Konflikte“ zu stürzen, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen absichtlich zu fördern und seine nationalen Grenzen überschritten zu haben. Dabei handele es sich bei Russland um ein Land, das seine Nachbarn „regelmäßig erpresse und manipuliere“. Sie wundere sich über die Überraschung, die Putins Rede ausgelöst habe. Seine Biografie sei bekannt, Jurij Andropow sei Putins Vorbild, er habe dessen KGB-Methoden übernommen, einschließlich seines paranoiden Misstrauens gegenüber Amerika, mit dem er alle ausländischen Organisationen als Spione betrachte. Sie bedauert die vertrauensselige Reaktion amerikanischer Politiker auf Putin und seine Vorgänger oder Nachfolger.
...russische Politiker (scheinen) die amerikanischen Politiker immer noch zu verblüffen und ihnen die Orientierung zu rauben. Vielleicht ist es eine geheime Sehnsucht nach dem Glanz der Gipfeltreffen des Kalten Krieges, als es so aussah, als könnten die persönlichen Beziehungen zwischen den Staatsmännern der Supermächtedie Zerstörung des gesamten Planeten abwenden könnten.
Richard Stengel, Time Magazine
Im Dezember 2007 widmete Time Putin eine Ausgabe als Person des Jahres. Richard Stengel begründete die Wahl Putins damit, dass im Falle eines Scheiterns Russlands für das 21. Jahrhundert alles verloren sei. „Und wenn Russland als Nationalstaat in der Völkergemeinschaft Erfolg hat, wird es einen Großteil dieses Erfolgs einem Mann zu verdanken haben: Wladimir Wladimirowitsch Putin.“ Er habe eine außerordentliche Führungsleistung vollbracht, „indem er einem Land Stabilität auferlegte, das diese kaum kannte, und Russland wieder an den Tisch der Weltmächte zurückgebracht (hat).“
Großbritannien
Ian Traynor, Guardian
Im Guardian schrieb Ian Traynor, Putins „Tirade“ habe darauf hingedeutet, dass sich der Kreml auf eine Konfrontation mit den Amerikanern vorbereite. Über die Politik Washingtons habe Putin kein gutes Wort zu sagen gehabt.
Kristin Roberts und Madeline Chamber, Reuters
Kristin Roberts und Madeline Chambers von Reuters interpretierten die Rede am 9. August 2007 unter Berufung auf politische Analysten als innenpolitisch motiviert und als Signal an den Nachfolger Putins, Medwedew. Putin wolle langfristige außenpolitische Leitlinien festlegen. Seine scharfe Sprache werde bei den Russen einen Nerv treffen, „die sich entweder ignoriert oder ungerechterweise angegriffen fühlen“. Die Autoren zitieren Gleb Olegowitsch Pawlowski, für den Putins Rede gezeigt habe, „dass Russland reif genug ist, in der Welt ‚Ja‘ und ‚Nein‘ zu sagen“.
Rob Watson, BBC
Rob Watson referierte am 10. Februar Hauptinhalte und die kritischen Reaktionen des NATO-Generalsekretärs und McCains. Dem US-Senator und Präsidentschaftsanwärter sei es überlassen geblieben, die Erwiderung anzuführen. „Moskau muss verstehen, dass es keine echte Partnerschaft mit dem Westen genießen kann, solange sein Handeln im In- und Ausland so grundlegend mit den Grundwerten der euro-atlantischen Demokratien in Konflikt steht“ … „In der heutigen multipolaren Welt gibt es keinen Platz für unnötige Konfrontationen und ich hoffe, dass die russische Führung diese Wahrheit versteht“.
Frankreich
Laurent Zecchini, Le Monde
Laurent Zecchini schrieb am 12. Februar 2007 in Le Monde, der „manchmal rachsüchtige Ton“ des russischen Präsidenten habe die anwesenden Spezialisten für strategische Fragen, darunter etwa vierzig Minister, überrascht. Mit seiner Schlussfolgerung zur NATO-Osterweiterung und den Raketenabwehrschild, dass „der Kalte Krieg Munition hinterlassen hat, die noch nicht explodiert ist“, habe Wladimir Putin ein eher anachronistisches, verschleiertes Bedrohungsregister gewählt. Zecchini nimmt an, dass dieses wahrscheinlich „für den Inlandsverbrauch“ gedacht war, es passe nicht gut zum „relativ entspannten Klima der russisch-amerikanischen Beziehungen“.
Daniel Vernet, Le Monde
Daniel Vernet vermutete in seinem Artikel La nostalgie de la guerre froide vom 20. Februar 2007, nachdem Putin früher das Verschwinden der UdSSR als „die größte Katastrophe“ in der Geschichte Russlands eingeschätzt hatte, habe Putin in seiner Rede seine Sehnsucht nach dem „Konzert der Nationen“ des 19. Jahrhunderts zum Ausdruck gebracht. Da die früheren ideologischen Merkmale fehlten handele es sich bei diesem „Kalten Krieg“ um einen reinen Konflikt staatlicher Interessen.
Der russische Präsident kritisiert George W. Bush daher nicht so sehr für die Rückkehr zur Ost-West-Konfrontation von gestern, sondern vielmehr dafür, dass er deren Regeln nicht respektiert oder sogar seine Errungenschaften untergräbt. Zum Beispiel Vereinbarungen zur Begrenzung konventioneller und nuklearer Waffen.
AFP
Die Agentur AFP bezeichnete laut DW Putins Kritik an Washington am 11. Februar als weitgehend berechtigt, da die Amerikaner zuletzt die Möglichkeit eines Dialogs vernachlässigt hätten.
Fabrice Nodé-Langlois, Le Figaro
Fabrice Nodé-Langlois, Korrespondent in Moskau, urteilte am 24. Februar, die Rede markiere keinen Wendepunkt im Verhältnis zur USA, sondern stehe im Einklang mit einer kontinuierlichen Verschlechterung, die symbolisch mit der amerikanischen Offensive im Irak im Jahr 2003 beginnen könne. Dank seines anhaltenden wirtschaftlichen Wachstums habe Russland auf der internationalen Bühne wieder Fuß gefasst. „Im Nahen Osten, im Irak, im Iran sowie auf den europäischen und asiatischen Märkten des ehemaligen Sowjetimperiums hat der Kreml seine Differenzen mit Washington deutlich gemacht.“ Seit einem Jahr würden die strategischen Differenzen mit direkter Kritik einhergehen. Der Autor sieht innenpolitische Rücksichten Putins in Hinsicht auf seinen Nachfolger, Normalisierungstendenzen im Beitritt zur WHO und betont die russlandfreundliche Sicht Bushs, dem zum Vorwurf gemacht wird, das Thema Demokratisierung nicht deutlich genug angesprochen zu haben. Zur Rede Putins wird Bushs Reaktion wiedergegeben: „Wir haben Putin verloren, der sich mehr als alles andere vor der Demokratie fürchtet.“
Deutschland
Sebastian Fischer, Der Spiegel
Sebastian Fischer (Der Spiegel) stellte am 10. Februar fest, mit seiner aggressiven Rhetorik habe Putin seine Zuhörer in München geschockt. „Die fragten sich anschließend: Warum macht Russlands Präsident das? Aus Sorge um den Weltfrieden? Aus Frust über den eigenen Bedeutungsverlust?“ Wenn Putin die Welt tatsächlich als unipolar erlebe, so Fischer, dann habe er wohl darauf aufmerksam machen wollen, dass sich sein Russland dem nicht beugen will. Eine solch derbe NATO-Kritik sei noch nie dagewesen, kommentiert er in einem weiteren Artikel.
Die Zeit
Jochen Bittner
Jochen Bittner schrieb am 12. Februar in Die Zeit: „Was Putin im Hotel Bayerischer Hof dem Publikum vortrug, war nicht weniger als der Versuch, die alte Weltordnung wiederzubeleben, eine Ordnung, in der die Supermacht Amerika eingehegt werde durch ein staatliches Gegengewicht, durch völkerrechte Schranken und strategische Rücksichtspflichten.“ Putins „Frontalangriff auf die Supermacht Amerika“ erkläre sich wohl nur zum Teil aus den Verletzungen, die der russischen Seele seit Ende des Kalten Kriegs zugefügt worden seien. Dazu kamen die Pläne Washingtons, in Polen und Tschechien Elemente seines Raketenabwehrschirms zu installieren, und die Osterweiterung der NATO. Mit dem Verweis auf „Garantien“ gegenüber Gorbatschow habe Putin daran erinnern wollen, dass Michael Gorbatschow 1990 zwar einem vereinigten Deutschland innerhalb der NATO zugestimmt hatte. Eine weiterreichende Verlegung der NATO-Grenzen nach Osten habe damals, so Bittner, allerdings nicht zur „außenpolitischen Geschäftsgrundlage“ gehört.
Redaktion
Unter dem Titel Halbstarker im Ölrausch urteilte die Redaktion der Zeit am 15. Februar, man entdecke in Russlands Verhalten eine Kopie westlicher Vorbilder, „Kapitalismus plus nationalem Egoismus, angereichert mit Öl und Gas.“ Für einen neuen Kalten Krieg sei Russland aber zu schwach.
Wladimir Putins Muskelshow von München darf niemanden täuschen. Russland hat aufgehört, ein universaler ideologischer Gegner des Westens zu sein. Es ist aber auch kein „strategischer Partner“ geworden, wie Gerhard Schröder und mit ihm viele deutsche Politiker glauben. Es ist ein Konkurrent, der seine Interessen verfolgt, koste es die anderen, was es wolle.
Die Welt
Hans-Jürgen Leersch
Hans-Jürgen Leersch befand am 12. Februar in Die Welt: „Russland ist reich und selbstbewusster geworden. Entsprechend tritt Putin auf. Der Präsident hat sich weitere Themen notiert. Einen Teil seines Manuskripts arbeitet er noch um, während Merkel spricht. Konferenzteilnehmer, die das beobachten, kommen zum Ergebnis, dass Putin seine Thesen höchstpersönlich formuliert hat und seine Schüsse auf Amerika und Nato nicht von Heckenschützen im Kreml vorformuliert worden sind.“
Redaktion
Am 19. Februar kommentierte die Welt, beide Seiten erlaubten sich Schachzüge, die viel mit den Mechanismen der Innenpolitik zu tun haben, wenig mit den Zwängen der Außenpolitik. „Für die Europäer geht es um die Frage, wie sie wieder Sicherheit finden: mit den Amerikanern und möglichst nicht gegen die Russen. Mit Versicherungen allseitig guten Willens, wie die Deutschen sie lieben, Atlantische Gemeinschaft hier und strategische Partnerschaft dort, ist es nicht mehr getan.“
Katja Gloger, Stern
Katja Gloger (Stern) reflektierte am 12. Februar über in den USA wahrgenommene mögliche Gründe für Putins in den USA überrascht, schockiert und vor allem ratlos aufgenommene Rede: „Hatte da einer endlich einmal seinen Gefühlen freien Lauf gelassen – Putin pur sozusagen, ein Ex-KGB-Oberst im anti-amerikanischen O-Ton? Wollte da einer endlich einmal die Karten auf den Tisch knallen und klar machen, wer der Gegner ist, die wahre Gefahr für den Weltfrieden? Die USA nämlich – so wie es Umfragen zufolge ja die Meisten in Europa denken, auch in Deutschland. Will da jemand die Europäer gegen Amerika auf seine russische Seite ziehen? Oder wollte sich da ein beleidigter Russe etwa nur für die jüngsten Äußerungen des US-Verteidigungsministers Gates rächen, der Russland vergangene Woche in einem Atemzug mit den „Schurkenstaaten“ Iran und Nordkorea nannte?“ Die Besonnenen hofften, so Gloger, auf eine deutliche Antwort der Europäer, vor allem der Deutschen. Sie hofften, der Westen würde sich von dem „Mann aus Moskau“ nicht spalten lassen.
Christian Semler, TAZ
Christian Semler (TAZ) kommentierte am 13. Februar, im Milieu der Militärpolitiker setze sich langsam die Einsicht durch, dass es Zeit sei, Abschied von der Vorstellung der USA als Welthegemon zu nehmen, der allein fähig sei, kraft seines überragenden Militärpotenzials überall die „Pax Americana“ herbeizuführen. „Auch die Reaktionen deutscher Politiker auf Putins Rede zeugen von dieser Einsicht. Unabhängig von parteipolitischen Verortungen wurde dem russischen Präsidenten attestiert, er habe bei einer Reihe von Themen, vor allem der geplanten Stationierung von Raketenabwehrsystemen in Osteuropa, eine berechtigte Sorge artikuliert. Das Gleiche gelte, abgeschwächt, auch für die Stationierung von US-Truppen an der russischen Grenze.“
Eckart Lohse, FAZ
Am 11. Februar schrieb Eckart Lohse, vor allem die Energie sei das Thema dieser Tage. Die russische Führung bemüht sich in jüngster Zeit nur vordergründig darum, die Ängste des Westens zu zerstreuen, das politische Selbstbewusstsein Russlands könnte ähnliche Ausmaße bekommen wie seine Energievorräte. Es habe Putin nicht gefallen können, dass Angela Merkel in der Zukunft in der NATO den stärksten Ausdruck gemeinsam formulierter Sicherheitspolitik sehe, wie sie vor ihm in ihrer Rede ausgeführt hatte. Kurt Beck habe die Differenzen auszubalancieren versucht.
Berthold Kohler, FAZ
Berthold Kohler urteilte am 12. Februar, nach Merkels „Sinfonie der Partnerschaft“ habe „der Paukenschlag des russischen Präsidenten“ selbst abgebrühte Konferenzschläfer aufschrecken lassen. Bei seiner „Generalabrechnung mit Amerika“ habe aus Putin die auferstandene Supermacht gesprochen: „ein Russland ohne ideologisches Sendungsbewusstsein, aber mit globalen Interessen und neuen Atomraketen. Ein Russland, das dank seiner aus den Öl- und Gaspipelines strömenden Macht nicht länger vor Amerika kuschen muss, sondern wieder auf gleicher Augenhöhe mit ihm ist.“ Kohler fiel auf, dass Putins Attacken weder Bundeskanzlerin Merkel noch Außenminister Steinmeier, noch Verteidigungsminister Jung zum Widerspruch herausgefordert hätten. Nicht einmal die USA hätten angemessen reagiert, das sei Fürst Schwarzenberg überlassen geblieben. Man komme an dem Wort „Appeasement“ nicht leicht vorbei, wenn man in Gänze die deutsche Reaktion auf Putins Rede beschreiben will, so Kohler in einem Kommentar desselben Tages. „Gewöhnlich wird diese Milde mit dem Argument begründet, man habe „keine Alternative“ zu der Partnerschaft mit Russland. Doch bei solcher Bedingungslosigkeit darf es nicht bleiben. Es könnte jemand auf den Gedanken kommen, die Abhängigkeit Deutschlands von russischer Energie sei schon so groß, dass sie beginne, politisches Handeln zu beeinflussen. Am schlimmsten wäre es, wenn dieser Jemand im Kreml säße.“ Putins Rede zeige, so Kohler, dass ihm an der Rekonstruktion russischer Staatlichkeit gelegen sei, dazu zähle auch die Rekonstruktion russischer Einflusssphären. Moskaus Energiepolitik sei Diener dieses strategischen Unterfangens, dem aus russischer Sicht vor allem der alte Gegner entgegenstehe: die Atlantische Allianz.
Am 19. Februar kommentierte die FAZ, in seiner Ansprache habe Putin nicht bloß seinen Landsleuten, sondern vielen Europäern und nicht wenigen Amerikanern aus der Seele gesprochen. Russland habe sich als weltpolitischer Akteur zurückgemeldet, der dem amerikanischen Konkurrenten „urbi et orbi mit der Rhetorik des Kalten Krieges“ entgegentrete. Anders als zu Sowjetzeiten biete die Russland als Rohstoffgroßmacht der Welt kein alternatives Modell mehr an.
Martin Winter, Süddeutsche Zeitung
Am 19. Februar kommentierte Martin Winter, es wäre fahrlässig, den Kern von Putins Botschaft abzutun, der laute: „Ihr rechnet besser wieder mit uns.“ Die Zeit monopolarer Weltträume und globaler Heilsmissionen nach amerikanischer Art sei vorbei, so Winter. Putins Rede sei ein Warnsignal. Irgendetwas laufe schon lange schief im Verhältnis zu Russland. „Und das Dümmste, was die Nato und die Europäische Union nun tun könnten, wäre es, dem Halbdemokraten in Moskau die alleinige Schuld daran zuzuschieben.“ Die Mutter aller Fehler sei die paternalistische Art, wie die Sieger des Kalten Krieges mit dem Verlierer umgingen. Weder die Partnerschaftsangebote der NATO noch die der EU verdienten bislang den Stempel „auf Augenhöhe“. Arroganter Umgang und partieller Realitätsverlust des Westens zeige sich bei den Eurokraten und, so Winter, auch im Vorgehen der USA bei der neuen Raketenabwehr. „In Washington hatte niemand mehr die Phantasie, sich vorstellen zu können, dass Putin die Stationierung an seinen Grenzen als Provokation begreifen könnte.“
Frankfurter Rundschau
Am 19. Februar kommentierte die Frankfurter Rundschau: Aus Moskauer Sicht sei die Rede nicht unbegründet. „War bei der Neuordnung Europas nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums nicht vereinbart worden, dass die Schuster des Westblocks bei ihren geografischen Leisten bleiben?“
Russland habe mittlerweile ohne sein Zutun und gegen seinen ausgedrückten Wunsch eine Grenze mit der Nato; und Bedrohungsanalytikern an der Moskwa dürfte der Gedanke nicht fremd sein, die neuen Raketenabwehrsysteme in Polen und Tschechien seien ungemütlich nahe, folglich eine Art Gefahr.
Hans Voß, Neues Deutschland
Hans Voß kommentierte am 12. Februar 2007, im Vorfeld habe es viele gegeben, die von Putins Rede definitive Zusicherungen für einen ungestörten Zufluss von Öl und Gas nach Westeuropa erwarteten. „Das sah Putin anders. Zwar streifte er das Thema, machte aber keine Abstriche am bisherigen Standpunkt – dass Moskau keine einseitigen Verpflichtungen eingehen werde, ansonsten aber eingegangene Vereinbarungen einhalten werde.“ Wladimir Putins habe einen ganz anderen Zweck verfolgt. „Für viele überraschend, nahm der russische Präsident eine Analyse der internationalen Sicherheitssituation vor, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ.“ Von der allgemeinen Reaktion habe sich die Rede des US-amerikanischen Verteidigungsministers Robert Gates wohltuend abgehoben, der eine Einladung von Präsident Putin und Verteidigungsminister Sergej Iwanow zu einem Besuch Moskaus angenommen habe. Viktor Juschtschenko habe, so Voss, besondere Aufmerksamkeit erregt: „Fast flehentlich appellierte er an die Staaten der NATO und der EU, der Ukraine doch endlich eine Perspektive in den beiden Gruppierungen zu geben. Klare Antworten blieben aus.“
Frank-Walter Steinmeier
Steinmeier nahm Bezug auf Russland, als er am 11. September 2007 im German Council on Foreign Relations Berlin, 11. September 2007 eine Rede hielt. Er äußerte, wenn er von neuen Denkweisen und Bündnissen spreche, dann denke er damit sicher auch an Russland.
Ich hoffe – und das will ich hier gemeinsam mit anderen außenpolitischen Akteuren in Europa tun –, dass sich in der schwierigen Zeit vor den Präsidentschaftswahlen in Russland und in den USA auf beiden Seiten ein ausgeprägterer Geist der Zusammenarbeit etablieren kann. Wir müssen die Denkweisen des Kalten Krieges und den langen Schatten, den er nach wie vor wirft, überwinden. Es wäre ein schwerer Fehler, wenn wir zulassen würden, dass sich Russland in die Isolation zurückzieht.
Steinmeier erinnerte an Putins Angebot im Deutschen Bundestag 2001 auf breiter Basis zusammenzuarbeiten, nicht nur bei der Bekämpfung des Terrorismus, sondern weit darüber hinaus.
Wann immer ich kann, rufe ich mir diese Zeit und diesen Geist ins Gedächtnis. Unsere gemeinsamen Interessen sind genauso wichtig wie die politischen Differenzen, die offensichtlich vorhanden sind. Ich setze mich dafür ein, dass wir die Brücken, die wir gebaut haben, nicht gedankenlos zerstören, sondern sie für die Zukunft erhalten.
Russlandanalysen
Hans-Henning Schröder kommentierte in der Ausgabe der Russlandanalysen vom 2. März 2007, Putins Russland könnte glaubhaft die Rolle einer Großmacht spielen, wenn es nicht 2006 eine Reihe politischer Morde gegeben hätte, die eine innere Schwäche offenbarten, die einer Großmacht nicht angemessen seien. „Es entsteht der Eindruck, .... dass Putins Exekutive die politischen Gewalten nicht kontrolliert und nicht verhindern kann, dass politische Gegnerschaft und wirtschaftlicher Wettbewerb auch gewaltsam ausgetragen werden.“ Die wachsende Kriminalität sei Ausdruck einer innergesellschaftlichen Krise, die mit der endemischen Korruption im russischen Verwaltungsapparat, in der Justiz und in den Sicherheitsorganen zusammenhänge. Dieser sei Ausdruck des Nepotismus des politischen Elitenkartells. Die Korruption führe zum mangelnden Vertrauen der russischen Bürger in Staat, Polizei und Gerichte, wie sie in Meinungsumfragen zum Ausdruck komme.
Schweiz
NZZ, Redaktion
Die NZZ-Redaktion schrieb, Putin habe mit einem aggressiv-vorwurfsvollen Auftritt gegen die amerikanische Politik und die Osterweiterung der NATO überrascht. »Die vor allem an die Vereinigten Staaten adressierten Vorwürfe erinnerten an die einstige Sowjet-Taktik, die westlichen Bündnisse mit politischen Sprengsätzen zu spalten.« Vielleicht sei die aggressive Kritik vor allem das heimische Publikum adressiert gewesen, das einer teilweise verlorenen Weltmachtrolle nachtrauere. Von deutscher Seite habe es eine Reihe bemerkenswert verständnisvoller Stimmen für Putins Kritik an der amerikanischen Politik gegeben. Gates und McCain hätten in ihren Redebeiträgen geschickt und zurückhaltend reagiert.
Spanien
Ignacio Sotelo, El Pais
Der Soziologe und Politiker der PSOE Ignacio Sotelo kommentierte am 2. März 2007 in El Pais, es sei offensichtlich, dass Russland weder willens noch in der Lage sei, eine Politik der Konfrontation zu verfolgen. „In Deutschland, das an einem Gleichgewicht zwischen den USA und Russland interessiert ist, zielen die Kommentare nicht darauf ab, Putins Ansichten in Frage zu stellen, sondern die Motive dahinter zu entschlüsseln. Russland hätte innenpolitisch viel zu verbergen und versucht daher, einen Nationalismus zu verstärken, der durch die verbesserte wirtschaftliche Lage aufgrund der hohen Energiepreise gestärkt wird. Man wird mit Russland als einer Macht rechnen müssen, die sich nicht von der Großmacht mit Monopolbestrebungen absorbieren lässt, wie es tatsächlich mit der Europäischen Union geschehen ist.“
Italien
Corriere della Sera
Am 11. Februar meldete der Corriere della Sera, es scheine in der Tat ein „Hauch von kaltem Krieg zu herrschen“. Die sehr harten Worte des russischen Präsidenten Putin hätten ausgereicht, um eine Art Zeitsprung um 60 Jahre und eine empörte offizielle Erklärung des Weißen CSA auszulösen: „Die USA haben den Sieg im Kalten Krieg nicht in einen unipolaren Sieg verwandelt. Es war das transatlantische Bündnis, das den Kalten Krieg gewonnen hat, und heute gibt es Machtzentren auf allen Kontinenten“.
La Stampa
Unter dem Titel Putin, Kalter Krieg gegen Amerika referierte La Stampa am 11. Februar die Hauptthesen der Rede und die Reaktion Washingtons. Die Redaktion kommentierte, trotz der erklärten Freundschaft mit George W. Bush sei durch die Rede das Wort „Ende“ auf dem Postweg ausgesprochen worden. Putins Rhetorik sei in ihrer Härte beispiellos, der Antiamerikanismus sei jedoch längst Teil der russischen Politik. La Stampa erklärte, es sei verständlich gewesen, warum Putin persönlich anwesend sein wollte, nachdem in den Jahren zuvor immer der Verteidigungsminister Russland vertreten habe.
China
Verschiedene chinesische Medien gaben im Februar 2007 die Darstellung der Nachrichtenagentur Xinhua wieder, in der die Rede in Einzelheiten dargestellt wurde. Putin habe klargemacht, dass Moskau seinen strategischen Vorteil nicht aufgeben werde und ein relativ kostengünstiges „asymmetrisches System“ entwickeln werde, um jedem amerikanischen Raketenabwehrsystem entgegenzutreten. Putin habe betont, der Kosovo-Status müsse von Serbien und dem Kosovo selbst geklärt werden. Die Raketenlieferung an den Iran habe Putin damit erklärt, dass Russland nicht wolle, dass die internationale Gemeinschaft den Iran „in die Ecke drängt“. Jedes andere Land würde sich unwohl fühlen, weil es nicht durch das Völkerrecht geschützt sei. Diese Praxis der Vereinigten Staaten ermutige kleine Länder, nach Atomwaffen zu streben. Putins Kritik werde die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern aber nicht beeinträchtigen.
Bewertungen in Medien und Politik nach 2007
Russland
TASS, 2017, 2022
Ähnlich wie Roman Azanov am 10. Jahrestag der Rede 2017 schrieb die außenpolitische Redaktion der TASS am 15. Jahrestag der Rede am 10. Februar 2022, Putin habe alles vorhergesagt, aber seine Warnungen und Prophezeiungen seien ignoriert worden. Die fortgesetzte NATO-Osterweiterung, das Angebot im NATO-Gipfel 2008 an die Ukraine, der NATO beizutreten, und die Einmischung in Georgien hätten dies gezeigt. Die Aufnahme der Krim in die Föderation sei 2014 von Putin auch entsprechend seiner Rede von 2007 begründet worden: Russland halte es für unmöglich, „NATO-Streitkräfte auf den Boden der Krim und Sewastopols zu lassen, eines Landes, in dem russische Soldaten und Matrosen ihren Kampfruhm verzeichnen.“ Wie von Putin warnend beschrieben, habe es zahlreiche Beispiele der Destabilisierung von Ländern gegeben, denen unsinnigerweise „demokratische Normen“ diktiert werden sollten, was Zehntausende Opfer, den faktischen Verlust der Souveränität einiger Länder und die Entstehung des Islamischen Staates zur Folge gehabt hätte. Trotz Sanktionen sei Russland weiterhin vertragstreuer Garant der Lieferung großer Mengen konkurrenzlos günstigen Gases für Europa geblieben. Angesichts der wachsenden Stärke Chinas, der G20 und BRICS sei die unipolare Ordnung nicht mehr möglich. Putins und Bushs hoffnungsvolle Annahme, Russland und die USA würden nie wieder Gegner und Feinde sein, sei leider zu optimistisch gewesen. 2017 etwa hätte die USA Russland offiziell zum Gegner erklärt, indem sie den berühmten CAATSA (Countering America's Adversaries by Sanctions Act) verabschiedeten. Putin habe betont, es würde zu einer militärischen Konfrontation zwischen Russland und der NATO und damit auch den USA kommen, wenn die Ukraine in die Allianz aufgenommen und Kiew die russische Krim angreifen würde. Um dies zu vermeiden, habe Russland Initiativen ergriffen, „um den Rechtsstatus paneuropäischer Sicherheitsgarantien zu korrigieren.“
Igor S. Iwanow, 2014
Igor Iwanow, 2014
Igor S. Iwanow stellte im Jubiläumsband zum 50-jährigen Bestehen der Sicherheitskonferenz 2014 die Rede Putins von 2007 in den Mittelpunkt. Iwanow hob hervor, dass man die Motive Russlands für den „u-turn“ nicht verstanden habe, der unvermeidbar gewesen sei. Russland, das unilateral den Kalten Krieg beendete habe, habe leider zu lange romantische Illusionen über die westliche Welt gepflegt. Es habe sich bis 2007 um Integration bemüht und partnerschaftlich mit den USA zusammenarbeiten wollen, wobei er die militärisch-logistische Kooperation mit den USA im Afghanistankrieg, den NATO-Russland-Rat und die WTO erwähnte.
We significantly underestimated the harshness, even cruelty of modern politics and overestimated the willingness of our partners for a strategic vision and ambitious solutions. The realization of this came after a long while and was very painful. (S. 271)
Das Verhalten Russlands sei durchweg freundlich und hinsichtlich legitimer Interessen rücksichtsvoll gewesen. Im Gegenzug sei die NATO-Osterweiterung unter Missachtung der ständigen Kritik Russlands und der offensichtlichen Zweifel an der Durchführbarkeit der militärischen Strategie der geografischen Expansion vorangetrieben worden. Durch Kündigung des ABM-Vertrages habe die USA das strategische Gleichgewicht unterminiert, das jahrzehntelang aufgebaut worden sei. Im Irakkrieg habe die USA militärisch im Alleingang agiert und das Rule of Law infrage gestellt.
The West excerted great efforts in terms of political penetration into the territory of the Commonwealth of Independent States countries to weaken Russian positions there. (S. 272)
Egal wie man die Rede im Rückblick einschätze, so Iwanow, seien wohl alle darin einig, dass die Fehler der USA nicht wiederholt werden sollten. Die „arrangierte Ehe“ der NATO mit Russland funktioniere nicht, die Schaffung eines euro-atlantischen Sicherheitsraums sei gescheitert. Den Grund sah er im mangelnden Ernst aller Seiten, eine strategische Sicherheitspartnerschaft aufzubauen, jeder habe sich nur um eigene Angelegenheiten gekümmert. Eigentlich seien sich in bestehenden Grundfragen der Sicherheit alle einig, es fehlten aber die gemeinsamen Lösungen, weil das Vertrauen fehle. Wichtige Vorbedingung dazu sei eine engere Zusammenarbeit Russlands mit der NATO, wie sie zuletzt 2013 im Bericht Building Mutual Security in the Euro-Atlantic Region dargestellt worden sei.
Sergei Lawrow, 2015
In seiner Rede auf der Sicherheitskonferenz 2015 erinnerte Lawrow an die Rede Putins. Es habe nicht wie von einigen Kollegen behauptet, einen plötzlichen und schnellen Zusammenbruch der jahrzehntelang bestehenden Weltordnung gegeben.
Im Gegenteil, die Entwicklungen des letzten Jahres haben die Richtigkeit unserer Warnungen vor tiefgreifenden, systemischen Problemen in der Organisation der europäischen Sicherheit und der internationalen Beziehungen im Allgemeinen bestätigt. Ich möchte an die Rede erinnern, die der russische Präsident Wladimir Putin vor acht Jahren an dieser Stelle gehalten hat.
Sergei Lavrov auf der Sicherheitskonferenz 2015
Im Weiteren sprach Lawrow Punkte an, die Putin schon 2007 erwähnt hatte: das US-amerikanische globale Raketenabwehrsystem stelle eine Bedrohung für die russischen nuklearen Abschreckungskräfte dar. Russland warne vor destabilisierenden Auswirkungen auf internationale Rüstungskontrollverträge und kritisiere die Weigerung der USA und anderer NATO-Mitglieder, das Abkommen über konventionelle Streitkräfte in Europa zu ratifizieren.
In komplexen Situationen wie dem INF-Vertrag (Intermediate-Range Nuclear Forces Treaty) weise man Russland fälschlicherweise die Schuld zu, während die USA selbst gegen den Geist und die Buchstaben des Vertrags verstießen, etwa durch die Entwicklung von Zielraketen und unbemannten Kampffahrzeugen.
Eine gleichberechtigte Zusammenarbeit statt westlicher Dominanz in globalen Angelegenheiten sei notwendig, insbesondere in Europa. Eine echte europäische Sicherheitsarchitektur könne nur mit Russland und nicht gegen Russland aufgebaut werden. Ein gemeinsamer Wirtschafts- und Humanitätsraum von Lissabon bis Wladiwostok solle errichtet werden.
Die Welt stehe vor einem drastischen Wandel steht; kurzsichtige politische Entscheidungen, die nur auf innenpolitische Interessen ausgerichtet sind, könnten das Risiko eines Verlusts der globalen Kontrolle erhöhen. Lawrow fordert eine strategische globale Vision, um die Herausforderungen der neuen Weltordnung zu bewältigen.
Andrei Kolesnikow, 2014
Andrei Kolesnikow, Russlandexperte des Carnegie Center Moscow, später der Gaidar Foundation, stellte am 10. Februar 2014 dar, aus der Münchner Rede sei als Fortsetzung und logische Schlussfolgerung der Appell Putins vom 18. März 2014 zum Krim-Referendum entstanden. München habe auf der Krim und im Donbass geendet. Putin habe eine Liste von Missständen vorgetragen und auf „Trost und Versicherungen des größten Respekts“ gewartet. Aber auch der gegenteilige Effekt sei einkalkuliert gewesen: „Wer es nicht will, muss es nicht, Russland wird sich von einem Fragment des Westens in eine supersouveräne Insel verwandeln.“ Kolesnikow bewertet Putins Kritik an vom Ausland bezahlten und daher angeblich gesteuerten NGOs und an dem Russland angeblich gefährdenden Charakter der NATO-Ausweitung als unbegründete Klischees: „Die Klischees, die in der Kindheit durch Karikaturen aus der Prawda über den amerikanischen Imperialismus und den NATO-Block visualisiert werden, können nicht ausgerottet werden.“
USA
Daniel Fried und Kurt Volker, Politico, 2022
Daniel Fried und Kurt Volker, der selbst an der Konferenz teilgenommen hatte, kommentierten am 18. Februar 2022 in Politico, es werde leicht vergessen, dass die USA und Europa nach dem Aufstieg Russlands aus den Ruinen der Sowjetunion jahrelang daran gearbeitet hätten, das Land in eine neue Nachkriegsordnung zu integrieren. „Weit entfernt von triumphalistischer Rache (wie der Kreml die Welt glauben machen wollte), unterstützte der Westen Russland mit beträchtlicher finanzieller und technischer Hilfe.“ Nach seinem Amtsantritt habe Putin jedoch systematisch Militär und der Geheimdienste aufgebaut und die Ansätze zur Demokratie demontiert, die Medien kontrolliert, die Staatsindustrie konsolidiert, den Widerstand gegen seine Partei untergraben, politische Gegner ermordet.
Putin zähmte nicht nur die Oligarchen der 1990er Jahre; er ersetzte sie durch seine eigenen. Er schuf so etwas wie ein sowjetisches System der kommunistischen Partei, nur ohne die sowjetische Ideologie und mit einer persönlichen Herrschaftsstruktur anstelle der alten Parteinomenklatura.
Zur Zeit der Rede sei die Bush-Regierung immer noch optimistisch geblieben, dieser Optimismus habe sich ohne Rechtfertigung über Obama und Trump bis zu Biden fortgesetzt. Putin habe inzwischen die europäische Öffentlichkeit für seine Beschwerden gewinnen können und die USA für die angebliche Bedrohung Russlands verantwortlich gemacht, ein bewährtes Manöver aus den 1980er Jahren gegen die Stationierung von Pershing-Raketen. Mehr noch als 2007 akzeptierten, so die Autoren, manche in Europa und den USA die „Linie des Kremls, dass die wahre Ursache der russischen Bedrohung der Ukraine heute in der NATO-Erweiterung liegt, einem Instrument zur Förderung eines vereinten Europas – und nicht in Putins Wunsch, ein größeres Russland aufzubauen, das im Inland autoritär und im Ausland aggressiv ist.“ 2007 sei der Wandel in der Rhetorik unmissverständlich geworden und habe sich in den späteren Handlungen Russlands gezeigt.
David Ignatius, Washington Post, 2022
Am 20. Februar 2022 schrieb David Ignatius in der Einleitung, der schreckliche Krieg, der die Ukraine zu erschüttern drohe, „nimmt in den Köpfen des russischen Präsidenten Wladimir Putin spätestens seit einer Rede Gestalt an, in der er vor 15 Jahren auf der jährlichen Sicherheitskonferenz in München die NATO scharf verurteilte.“
Philip Short, Time, 2022
Der Putinbiograph Philip Short kommentierte am 3. August 2022, amerikanische Politiker hätten fassungslos reagiert, obwohl Putin tatsächlich kaum etwas gesagt habe, was er nicht schon vorher gesagt hatte. Nur der Ton habe sich geändert.
Was Putin gern den „falschen Boden“ der russisch-amerikanischen Beziehungen nannte – die Behauptung, alles sei in Ordnung und Russland und Amerika seien solide strategische Partner mit nur ein paar unbedeutenden taktischen Problemen – war aufgegeben worden.
Bill Burns habe die Botschaft in einem Telegramm an das Weiße Haus knapp formuliert: „Wir sind zurück, und Sie sollten sich besser daran gewöhnen!“
Putin habe den Schluss gezogen, dass die USA nicht auf die Sorgen Russlands höre, bis es einen heilsamen Schock erlebe. „Es ist egal, was wir tun, ob wir unsere Meinung sagen oder schweigen,“ zitiert Short Putin, „es wird immer einen Vorwand geben, um Russland anzugreifen. In dieser Situation ist es besser, offen zu sein.“ Der Westen sehe sich selbst als „strahlend weiß, sauber und rein“ und Russland als „eine Art Monster, das gerade erst aus dem Wald gekrochen ist, mit Hufen und Hörnern.“ Burns habe 2017 den Schluss gezogen, dass sich beide Länder die ganze Zeit über etwas vorgemacht hätten. Die russische Illusion sei gewesen, so Burns, dass sie als gleichwertiger Partner akzeptiert würden, obwohl sich die Machtverhältnisse enorm verändert hatten. Die amerikanische Illusion sei gewese, immer über oder um Russland herum manövrieren zu können. „Es würde zwangsläufig einen Zeitpunkt geben, an dem sie zurückschlagen würden … Ein gewisses Maß an Reibung und eine gewisse Anzahl von Zusammenstößen waren in die Gleichung eingebaut.“ Rückblickend überrasche es nicht, so Short, dass Russlands Beziehungen zu Amerika in einem Desaster endeten, sondern dass es so lange dauerte. Putin habe lange gegen die Vorbehalte von Silowiki und Militär auf den Westen gesetzt. Andererseits habe der amerikanische Exzeptionalismus zu seiner Überraschung feststellen müssen, dass er einem russischen Exzeptionalismus gegenüberstand, der nicht minder hartnäckig war. „Die meisten seiner außenpolitischen Initiativen während seiner dritten Amtszeit von 2012 bis 2018 waren eine Vergeltung für das, was der Kreml als antirussische Maßnahmen des Westens betrachtete.“
United Kingdom
Ted Galen Carpenter, Guardian, 2022
Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Ted Galen Carpenter (Cato Institute) urteilte am 28. Februar 2022 im Guardian, Moskaus Geduld mit dem immer aufdringlicheren Verhalten der NATO sei erschöpft gewesen. Mit Putins Rede sei die letzte einigermaßen freundliche Warnung aus Russland gekommen, dass die Allianz einen Gang zurückschalten müsse. „Es ist seit langem klar, dass die NATO-Erweiterung zu einer Tragödie führen würde. Jetzt zahlen wir den Preis für die Arroganz der USA.“
Deutschland
Kathrin Braun, Merkur, 2022
Kathrin Braun (Merkur) berief sich am 19. Februar 2022 auf Claudia Major, die geäußert hatte, womöglich seien Putins Warnungen damals nicht ernst genug genommen worden, da Russland zu dem Zeitpunkt wirtschaftlich und politisch schwächer als jetzt gewesen sei. Spätestens beim Georgien-Krieg 2008 hätte es aber klar sein müssen, „dass Russland bereit ist, mit militärischer Macht Grenzen zu verschieben, um seine Interessen durchzusetzen. Und um einen NATO-Beitritt seiner Nachbarländer zu vermeiden.“
Georg Schwarte, ARD, 2022
Georg Schwarte vom ARD-Hauptstadtstudio schrieb am 7. Juni 2022, schon 2007 habe Putin in einer wütenden Rede auf der Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik angekündigt, Russland werde wieder Weltmacht. Der NATO habe Putin damals vorgeworfen, Russland zu bedrohen. Schwarte berief sich auf Carlo Masala von der Münchner Bundeswehrhochschule, der geäußert habe, dass alle einschließlich der Bundesregierung die Brandrede Putins ignoriert hätten, obwohl Putin klar gesagt habe, „fortan gebe es keine kooperativen Beziehungen mehr: Der Westen sei der Antagonist.“ Niemand habe laut Masala die eigentlich richtigen, strategischen Konsequenzen gezogen, auch Merkel nicht, deren Priorität das Erdgas gewesen sei.
Wolfgang Ischinger und Sebastian Turner, FAZ, 2022
Wolfgang Ischinger und Sebastian Turner urteilten am 7. September 2022 in einem Gastartikel der FAZ, Putins „Absage an die demokratische Welt“ sei weder in Washington noch in Brüssel oder Berlin hinreichend ernst genommen worden.
Hanna Notte und Michael C. Kimmage, DIE ZEIT, 2022
Hanna Notte und Michael C. Kimmage zogen am 12. Oktober 2022 in der ZEIT eine direkte Verbindung zum russischen Überfall auf die Ukraine. Putin betrachte diesen Krieg als radikalen Höhepunkt seines Widerstands gegen den amerikanischen Primat in Europa. Damit kopiere er aber genau jene „außenpolitische Maßlosigkeit“, die er Washington 2007 angelastet habe. Er habe Amerika um die Privilegien und Anmaßungen beneidet, die es als Großmacht genoss. Bush sei sein Vorbild gewesen.
Niels Kruse , Stern, 2023
Niels Kruse (Stern) schrieb am 17. Februar 2023, im Rückblick klängen die Worte wie ein Wutausbruch über die verlorene Weltmachtrolle und nach programmatischer Grundsatzrede. 16 Jahre später stehe fest: „Es ist nicht bei einem neuen, kalten Krieg geblieben.“
Italien
Federico Fubini, Corriere de la Sera, 2022
Federico Fubini (Corriere della Sera) analysierte in seinem sehr ausführlichen Kommentar am 3. April 2022 eine von ihm wahrgenommene gedankliche Einheit der Rede von 2007 mit Putins Essay von 2021 und der Kriegserklärung an die Ukraine. Fubini verglich Putins Denkmuster mit den Ressentiments Mussolinis und Hitlers. „Es wäre unmöglich, Putins mentale Struktur zu lesen, ohne diesen Hintergrund zu berücksichtigen, so wie es unmöglich ist, die politische Formation Mussolinis oder Hitlers ohne die Erfahrung und den Mythos des 'ungerechten Friedens' von Versailles zu rekonstruieren.“ Putin habe in seiner Rede außerdem ausgedrückt, was auch Chinesen, Inder, Pakistaner oder Südafrikaner empfänden und habe schon 2007 bewusst die Vision der heutigen BRICS-Staaten interpretiert. Gegenüber dem italienischen Außenminister Antonio Martino, der von der Legitimität von Gewaltanwendung der NATO und EU gesprochen hatte, habe Putin erklärt, die Anwendung von Gewalt sei nur dann legitim, wenn sie von den Vereinten Nationen sanktioniert werde: „Wir brauchen die UNO nicht durch die NATO oder die EU zu ersetzen.“ (Non abbiamo bisogno di sostituire l’Onu con la NATO o la Ue). Moskau, so Fubini, sei in den letzten Jahren aber nicht nur in die Widersprüche zurückgefallen, die es Amerikanern und Europäern vorwerfe, Putin habe sich 2007 erstmals geweigert, die Legitimität der europäischen Sicherheitsordnung anzuerkennen, die aus dem Kalten Krieg hervorgegangen ist. „Diese Implikation wirft ihren Schatten auf den heutigen Krieg, weil sie den konkretesten Versuch darstellt, das kontinentale Gleichgewicht zu untergraben, das nach dem Fall der Mauer entstanden ist.“ Die Anschuldigungen Putins gegen die NATO und die Kritik an ihrer Ausdehnung nach Osten seien irrig.
Gian Micalessin, Il Giornale, 2023
Gian Micalessin kommentierte am 19. Februar 2023, der Krieg gegen die Ukraine habe mit der Rede Putins begonnen. „Wenn wir den Worten von Wladimir Putin am 10. März 2007 während derselben Konferenz Gewicht beigemessen hätten, hätten wir vielleicht schon lange im Voraus verstanden, wie riskant der Versuch war, die NATO auf die Ukraine und Georgien auszudehnen und Russland das Gefühl einer fortschreitenden Einkreisung zu vermitteln.“ Gates habe, wie er in seinen Memoiren darstelle, das Gefühl der Demütigung Russlands gut verstanden. Außer Silvio Berlusconi habe aber niemand angemessen reagiert. Berlusconi habe die Sanktionen gegen Russland wegen des Kaukasuskrieges abgelehnt. Micalessin zitiert seine Äußerung: „Wir müssen unbedingt verhindern, dass die Kaukasuskrise zum Zündschnur für eine Rückkehr zum Kalten Krieg wird.“
Frankreich
Dimitri Minic, Le Monde, 2024
In einem Op-Ed analysierte Dimitri Minic verschiedene Reden Putins. Mit ihrer Beachtung hätte der Westen viele unangenehme Überraschungen vermeiden können, zumal die Rhetorik seit 1991 immer gleich geblieben sei. „Putins antiwestliche, paranoide und bösartige Rede in München 2007 war nicht untypisch.“ In den politisch-militärischen Eliten Russlands sei die Überzeugung tief verwurzelt, dass der radikal feindselige und allmächtige Westen hinter jedem destabilisierenden Ereignis stecke.
France Inter, 2023
France Inter kommentierte am 17. Februar 2023, Putin habe, kurz gesagt, in seiner Rede der Ukraine den Krieg erklärt. Hier habe die Konfrontation zwischen Putin und dem Westen begonnen. Putin sei in Russland von allen für eine lame duck gehalten worden. Seine Rede in München sei nicht sehr ernst genommen worden. Andrei Gratschow, der letzte Sprecher Gorbatschows wird zitiert: „Nur wenige Teilnehmer an diesem Tag verstanden, dass es sich nicht um die Stimme eines Mannes aus der Vergangenheit handelte, der nostalgisch nach einer vergangenen Ära war, sondern um den Schrei einer Version von Putin 2.0, der mit einem neuen Krieg drohte.“ Dieser sei dann in Georgien im folgenden Jahr ausgebrochen. Gratschow mache dem Westen den Vorwurf, sich zur Zeit des Zusammenbruchs des kommunistischen Blocks der Arroganz gegenüber Russland schuldig gemacht und einen echten „strategischen Fehler“ begangen zu haben, indem er sich weigerte, eine Struktur kollektiver Sicherheit unter Einbeziehung Russlands zu schaffen.
China
Guancha.cn, 2017
Redakteur Du JinFeng bezog sich auf Äußerungen Feng Shaoleis, Dekan des Instituts für Internationale Beziehungen und regionale Entwicklung der East China Normal University. Die Probleme, die Putin in seiner Kritik an der US-Außenpolitik auf der Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik aufgezeigt habe, etwa die NATO-Osterweiterung und der Unilateralismus, würden auch heute noch bestehen. Man sehe, dass die NATO inzwischen wieder Truppen im russischen Grenzgebiet stationiert habe und das US-Raketenabwehrsystem verstärkt worden sei. Auch Jia Lying, Dekan der Fakultät für Internationale Beziehungen der Universität für Sprache und Kultur Peking, wird mit seiner Überzeugung zitiert, dass die Rede von Präsident Putin auch 2017 noch hochaktuell sei, etwa sein Plädoyer für eine multipolare Welt.
Wissenschaft und Publizistik
Richard Sakwa, 2014
Richard Sakwa, ein britischer Experte für russische Politik, urteilte, Putin habe in der Rede seiner Enttäuschung Ausdruck gegeben. Er benannte Beispiele für Ausgrenzungen Russlands, die Ablehnung des russischen Anspruchs auf eine eigenständige Politik und mangelnde Sensibilität gegenüber der Situation und der Perspektive Russlands. Unter anderem berief Sakwa sich auf den Bericht des OSZE-Präsidenten William H. Hill (1999–2006), der den systematischen Ausschluss Russlands aus allen Verhandlungen zu Transnistrien kritisiert hatte. Die US-amerikanische Politik des Exzeptionalismus und der Arroganz sei auch von Robert Gates und Angela Stent kritisiert worden, wobei Stent die Punkte hervorgehoben habe, bei denen die USA und Russland sinnvoll zusammenarbeiten könnten.
Robert Gates, 2014
In seiner Autobiographie Duty gibt Robert Gates seine Einschätzung der russisch-amerikanischen Beziehungen wieder, die er teilweise schon zum Zeitpunkt der Konferenz vertrat. Nach der Wiedergabe der offiziellen Mitteilung an Bush vermerkt Gates: „Was ich dem Präsidenten nicht sagte, war, dass ich glaube, dass die Beziehungen zu Russland nach 1993 schlecht gehandhabt worden sind.“
Gates erwähnt, dass trotz des großen Erfolgs der Zustimmung Gorbatschows zur Wiedervereinigung die ehemaligen Ostblockstaaten viel zu schnell in die NATO aufgenommen wurden. Dazu komme die „unnötige Provokation“ durch die US-Vereinbarungen mit der rumänischen und bulgarischen Regierung zur Rotation von Truppen über Stützpunkte in diesen Ländern und die Nichtbeachtung der historischen Bindungen Russlands zu Serbien. Der Versuch, Georgien und die Ukraine in die NATO zu bringen, sei zu weit gegangen. Die Ausdehnung der NATO habe den Zweck der Allianz untergraben, da sie ein politischer Akt und kein sorgfältig überlegter militärischer Akt gewesen sei, eine „rücksichtslose Missachtung dessen, was die Russen als ihre eigenen lebenswichtigen nationalen Interessen betrachteten“. Putins Hass auf den Vertrag über Konventionelle Streitkräfte sei verständlich, da er zur Zeit von Russlands Schwäche ausgehandelt worden sei und sogar Truppenbewegungen auf dem eigenen Territorium behinderte. Zur Zeit von Russlands Schwäche habe man Russlands Interessen nicht ernst genug genommen, man sei kaum in der Lage gewesen, die russische Perspektive einzunehmen und eine langfristige Beziehung aufzubauen (managing the relationship for the long term).
Horst Teltschik, 2019
Teltschik gibt im 10. Kapitel seiner Publikation Russisches Roulette. Vom Kalten Krieg zum Kalten Frieden (2018) Putins Rede ausführlich wieder und ordnet sie in die Gesamtentwicklung von 1989 bis 2018 ein. Dabei nimmt er auf persönlichen Begegnungen mit Putin Bezug. Für Teltschik drückt die Rede Putins vor allem Enttäuschung aus. Er kritisiert die mediale Berichterstattung: Die Rede werde „im Mainstream“ stets unvollständig zitiert, Themen würden ausgeklammert, naheliegende Fragen nicht gestellt. Er spüre keinen Willen, „positive Aussagen des russischen Präsidenten hervorzuheben und zu unterstreichen.“ Russland sei es immer in erster Linie um Sicherheit gegangen und darum, weiterhin ein eigenständiges Machtzentrum zu bleiben. Teltschik sieht die Konfrontation zwischen NATO und Russland als Ergebnis einer „Spirale des gegenseitigen Misstrauens“, wobei Moskau immer Signale seiner grundsätzlichen Kooperationsbereitschaft ausgesandt habe. Der Westen habe es insbesondere in der „Schlüsselzeit 2007/08“ an Kompromissbereitschaft und Kommunikation fehlen lassen. Teltschik wirft den Politikern der NATO- und EU-Staaten eine unflexible, starre Strategie vor, die „darauf setzt, dass der Gegner nachgibt, wenn man nur geschlossen hart bleibt und keinen Zweifel an der eigenen Bereitschaft zur weiteren Eskalation lässt.“ Er konstatiert Geringschätzung und Mangel an Respekt. Als Versäumnisse sieht Teltschik beispielsweise die Nicht-Ratifizierung des A-KSE-Vertrages durch die NATO-Staaten und den NATO-Angriff auf Jugoslawien ohne UN-Mandat. Diese „Konfrontationspolitik“ gefährde den Frieden. Wenn die NATO ihre jetzige unflexible Strategie fortsetze, werde der Konflikt mit Russland immer weiter eskalieren.
Renate Nimtz-Köster kritisierte in ihrer Rezension in der Süddeutschen Zeitung vom 26. Februar 2019 Teltschiks „Zerrbild von einer maroden Ukraine“, sein großzügiges Lob freiheitlicher Errungenschaften Russlands und die mangelnde Berücksichtigung russischer Verantwortung. Dass der Kalte Krieg überwunden wurde, habe laut Teltschik vor allem an der Strategie der NATO gelegen, „die seit der zweiten Hälfte der 60er-Jahre eine Politik der Stärke konsequent mit Angeboten zur Entspannung verband“.
Lutz Lichternberger (The German Times, 26. April 2019) sah in Teltschiks Publikation einen Anstoß zum besseren Verständnis, wie NATO und USA effektiver mit Moskau umgehen könnten. Teltschik berufe sich auf John F. Kennedys Friedensstrategie, die darauf basiert habe, zunächst „die Interessen des Gegners zu verstehen, unabhängig davon, was man selbst von ihm hielt. Glaubt irgendjemand wirklich, dass Russland einfach nachgeben wird, ohne etwas dafür zu bekommen?“
William Joseph Burns, 2019
The Back Channel, die Autobiografie des US-Botschafters William J. Burns in Moskau, thematisiert die Entwicklung der Beziehungen der USA zu Russland. Die Rede Putins habe in seiner bittere Kritik am Unilateralismus der USA alles zusammengefasst, was er schon früher zum Thema gesagt hatte. Nach der Rede schrieb Burns ein Email an Condoleezza Rice, um die russische Denkweise zu verdeutlichen. Er schrieb:
Die Münchner Rede ... war das selbstbezogene Produkt von fünfzehn Jahren angesammelter russischer Frustrationen und Beschwerden, verstärkt durch Putins eigenes Gefühl, dass Russlands Belange immer noch oft als selbstverständlich angesehen oder ignoriert werden.
Putins Kritik habe den Erwartungen der russischen Bevölkerung entsprochen, den Amerikanern selbstbewusst zu begegnen, er habe mit seiner Rede auch von innenpolitischen Schwierigkeiten abgelenkt. Andererseits habe er mit seiner Kritik auch tiefe Überzeugungen zum Ausdruck gebracht. Burns schreibt, er habe die Regierung der USA in der Folge häufig gewarnt, die Besorgnisse Russlands und sein Bedürfnis nach respektvollem Umgang nicht ernst genug zu nehmen.
Stephen Kotkin, 2022
Stephen Kotkin sieht ein Muster „aus Groll und Wut und dem Wunsch nach einer Umkehr, wenn möglich“, das Putins Strategie und seine Rede als Teil davon erklären würde. In den 1990er Jahren hätten Präsident Putin und andere Mitglieder seines Regimes einen Teil ihrer Widerstandsfähigkeit wieder aufgebaut.
„Sie begannen mit dem Widerstand: die berüchtigte Münchner Rede 2007 auf der Münchner Sicherheitskonferenz, die Provokation, die 2008 zum Krieg und zur Zerstückelung Georgiens, 2014 natürlich zur Krim und im Februar 2020 zur jüngsten Phase der Aggression führte.“
Das Problem der Beziehungen der USA zu Russland sieht Kotkin darin, dass man ein fortgesetztes Kondominium zwischen Washington und Moskau nicht akzeptieren wollte, man wollte Russland nicht die Fähigkeit zugestehen, seine Nachbarn zu dominieren, „denn genau diese Fähigkeit hatten sie mit der Unabhängigkeit der Nachbarn verloren.“
Unter Präsident Putin habe sich eine Dynamik fortgesetzt, die schon in der Zarenzeit sichtbar sei: „Man will ein besonderes Land mit einer besonderen Mission sein, in der ersten Reihe der Mächte stehen, ist aber nicht in der Lage, dies aus eigener Kraft und Kapazität zu erreichen.“
Cato Institute, 2022
Ted Galen Carpenter (Cato Institute) stellte am 24. Januar 2022 in The National Interest dar, Putins Rede hätte eigentlich alle Zweifel darüber ausräumen sollen, ob Russland die NATO-Politik im Allgemeinen und den unaufhaltsamen Marsch der Allianz nach Osten im Besonderen als provokativ und bedrohlich ansah. „Putin warnte seine westlichen Kollegen, den Kurs zu ändern. Rückblickend war dies vielleicht die letzte Gelegenheit, einen neuen Kalten Krieg zwischen dem Westen und Russland zu vermeiden.“ In ihrer „üblichen gleichgültigen Art“ hätten Vertreter der USA und der NATO jedoch Bedenken über den angeblich kämpferischen Ton der Rede geäußert, der ihrer Meinung nach nicht zu den „herzlichen Ost-West-Beziehungen“ beigetragen habe. Hinter vorgehaltener Hand hätten zwar auch amerikanische Politiker Fehler eingestanden, Washington habe aber nicht nur Putins Beschwerden und Warnungen in München missachtet, sondern die provokative Politik der USA verstärkt. Schon 2008 habe man sich um die Aufnahme der Ukraine und Georgiens in die NATO bemüht. In den darauffolgenden Jahren hätten die USA und westliche Staatschefs weiterhin zahlreiche rote Ampeln missachtet und sich in die innenpolitischen Angelegenheiten der Ukraine eingemischt, die Ukraine mit Waffen beliefert und das Land wie einen militärischen Klienten behandelt.
Sergey Radchenko, 2023
Der britisch-russische Historiker Sergey Radchenko schrieb bezugnehmend auf Putins Beschwerde über das angeblich gebrochene Versprechen der NATO, sich nicht nach Osten zu erweitern, dass Putin während der Rede aus einer „willkürlichen Auswahl von Dokumenten“ zitiert habe, darunter das Gespräch zwischen Michail Gorbatschow und James Baker vom 9. Februar 1990. in diesem habe Baker davon gesprochen, dass sich die NATO keinesfalls „auch nur einen Zoll“ nach Osten bewegen würde. Baker habe zwar tatsächlich davon gesprochen, dass sich die NATO nicht nach Osten bewegen dürfe, dies habe sich aber auf den spezifischen Kontext der deutschen Wiedervereinigung bezogen. Weder bei dieser Gelegenheit noch später sei jedoch eine Einigung erzielt worden. Die Historikerin Mary Elise Sarotte habe zudem festgestellt, dass die Sowjets letztlich der Osterweiterung der NATO zugestimmt hätten. Putins Darstellung der Geschichte sei daher äußerst fehlerhaft.
Günter Verheugen/Petra Erler, 2024
Die Autoren betonen in ihrer Publikation Der lange Weg zum Krieg, Russland habe bis 2007 Solidarität und Kooperationsbereitschaft mit der USA und ihren Verbündeten gezeigt, sei aber nicht als gleichwertiger Partner akzeptiert worden. Botschafter William J. Burns habe die Ablehnung der Partnerschaft Russlands durch die USA bestätigt. Gates habe kritisiert, dass Washington sich der gegen Russland gerichteten Sicherheitsinteressen der neuen östlichen NATO-Staaten nicht im Klaren gewesen sei. Trotz der klaren roten Linien Russlands habe die USA 2008 der Ukraine einen Beitritt in Aussicht gestellt. Dass der Raketenschirm gegen Iran gerichtet war, habe auf einer Lüge gefußt; den tatsächlichen Sachverhalt habe man bei Reuters schon 2008 nachlesen können. Die Sicherheitsbedenken Russlands seien berechtigt gewesen.
Das Verbindende der Reaktion der Medien auf die Rede Putins sehen die Autoren darin, dass sie die tatsächlichen Aussagen und die zugrunde liegenden Interessen gar nicht in den Mittelpunkt gerückt hätten. „Die Öffentlichkeit erfuhr dadurch gar nicht, was Putin im Einzelnen gesagt hatte.“ Sie bekam nur die Reaktionen und Bewertungen vermittelt, getragen von der Überzeugung einer heilen Welt, so dass man sich dem Nachdenken verweigern und andere davon abhalten konnte. Andersdenkende seien ausgegrenzt und stigmatisiert worden. Nach dem „Eklat“ in München habe McCain geschickt alle „Knöpfe eines personalisierten Feindbildes“ gedrückt: Putin als KGB-Agent. Der völlige Bruch sei jedoch 2007 noch nicht erfolgt, er sei schleichender eingetreten, retardiert durch das positive START-Abkommen 2010. Die Abscheu Putins angesichts des Lynchmords an Gaddafi vor allem aufgrund der Täuschung der Öffentlichkeit über die Regime Change-Strategie sei nicht verstanden worden.
Scott Horton, 2024
Scott Horton analysiert in Provoked die Rede Putins im Zusammenhang der Gesamtentwicklung der internationalen Politik und der Beziehungen des Westens zur Russland von 1989 bis 2022. Zur Resonanz der Rede bezieht er sich auf das Zeugnis von William Joseph Burns, dem damaligen Botschafter in Russland. Dieser habe im Anschluss an die Rede Außenministerin Rice mitgeteilt:
„Die Münchner Rede war das selbstverliebte Produkt von fünfzehn Jahren aufgestauter russischer Frustrationen und Beschwerden, verstärkt durch Putins eigenes Gefühl, dass Russlands Belange immer noch oft als selbstverständlich angesehen oder ignoriert werden. (...) Putin (gab) den aufgestauten Frustrationen vieler Russen eine Stimme ... und (nahm) nicht nur eine zweckdienliche Pose ein.“
Der Präsident der New Eurasia Foundation, Andrey Kortunov, habe gegenüber Burns erklärt, Putin habe zu Beginn seiner zweiten Amtszeit eindeutig eine "integrative Außenpolitik" verfolgt, die durch die Terroranschläge vom 11. September und gute Beziehungen zu führenden Politikern wie Präsident Bush und anderen wichtigen NATO-Verbündeten angeheizt worden seien. „Eine Reihe von wahrgenommenen vermeintlich antirussischer Initiativen, etwa Bushs Ausstieg aus dem ABM-Vertrag und die fortgesetzte NATO-Erweiterung hätten letztlich Putins Hoffnungen zunichtegemacht.“
Jonathan Haslam 2024
In Hubris stellt Jonathan Haslam dar, Putins veränderte Haltung aufgrund des Nachhalls des Irakkriegs und der Orangen Revolution in der Ukraine sei in der Rede spürbar gewesen, wenn auch nicht direkt ausgesprochen worden. Obwohl er die gute Beziehung zu Bush hervorhob, habe die Wucht seines Angriffes der USA gegolten. Bei Putins Erwähnung der gebrochenen Sicherheitsversprechen gegenüber Russland hätten einige im Publikum mit Kichern reagiert. Kritisch äußerte Haslam, statt die von ihm vorgeschlagene globale Sicherheitsarchitektur genauer zu beschreiben, die er sich als Alternative der monopolaren Weltordnung vorstellte, habe Putin sich in einer bitteren Anklage ergangen. Von den Fragen nach der Rede erwähnt Haslam das Thema der vom Ausland finanzierten NGOs. Nach Haslam hatte Stephen Hadley erkannt, dass die USA die Fortschritte der Kooperation mit Russland im nahen Ausland (near abroad) durch die Orangenen Revolutionen in Georgien, Tadjikistan und Ukraine zerstört hatte.
Frederick Kempe, Atlantic Council, 2025
Frederick Kempe, Präsident und Geschäftsführer des Atlantic Council, veröffentlichte am 14. Februar 2025 einen Kommentar zur Vorgeschichte des „illegalen, grundlosen und seit drei Jahren andauernden“ russisch-ukrainischen Kriegs. Putin habe in seiner „berüchtigten“ Rede die USA angegriffen und für die Entstehung der unipolaren Welt verantwortlich gemacht. Diese Rede habe den Beginn einer konfrontativeren Haltung Russlands „gegenüber dem Westen als Ganzem“ signalisiert.
Was auf seine Rede im Jahr 2007 folgte, hatte mörderische Folgen für Generationen. Russische Jungen, die in diesem Jahr geboren wurden, sind heute alt genug, um eingezogen und in die „Killing Fields“ der Ukraine geschickt zu werden, die US-Präsident Donald Trump kürzlich als „Killing Fields“ bezeichnete. Seit Russlands groß angelegter Invasion im Februar 2022 wurden mehr als eine Million Ukrainer und Russen getötet oder verletzt.
Putin habe, so Kempe, seine Strategie nie verheimlicht, zu der er die Invasion Georgiens 2008, die Besetzung der ukrainischen Krim 2014 und die Intervention in Syrien rechnet. Kein Wunder sei es also, dass Putin glaube, „angesichts einer zerstreuten und inkonsistenten demokratischen Gemeinschaft erneut mit seinem Schurkentum davonkommen zu können“. Kempe zieht eine Verbindung zwischen der Rede Putins 2007 und dem Münchener Abkommen Hiltlers 1938 und er hofft, Trump werde nicht in eine ähnliche Falle tappen wie diejenigen, die versucht haben, Despoten zu beschwichtigen.
Trump kann eine Wiederholung der tragischen Geschichte Münchens am besten vermeiden, indem er sich an sie erinnert.
Zitat (Schlusswort der Rede Putins)
Wir hören sehr oft, auch ich persönlich, von unseren Partnern, auch den europäischen, den Aufruf an Russland, eine noch aktivere Rolle in den Angelegenheiten der Welt zu spielen. In diesem Zusammenhang gestatte ich mir eine kleine Anmerkung. Man muss uns kaum dazu ermuntern oder drängen. Russland ist ein Land mit einer mehr als tausendjährigen Geschichte und fast immer hatte es das Privileg, eine unabhängige Außenpolitik führen zu können. Wir werden an dieser Tradition auch heute nichts ändern. Dabei sehen wir sehr genau, wie sich die Welt verändert hat, schätzen realistisch unsere eigenen Möglichkeiten und unser Potenzial ein. Und natürlich möchten wir gerne mit verantwortungsvollen und ebenfalls selbständigen Partnern zusammenarbeiten am Aufbau einer gerechten und demokratischen Welt, in der Sicherheit und Aufblühen nicht nur für Auserwählte, sondern für alle gewährleistet ist.
Weblinks
deutsche Übersetzung der Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin
Wikisource: Speech and the Following Discussion at the Munich Conference on Security Policy – Quellen und Volltexte (englisch)
Text und Diskussion auf der Seite der Sicherheitskonferenz
Commons: 43rd Munich Security Conference – Sammlung von Bildern und Videos
Bibliographie
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Einzelnachweise
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Vladimir Putin: Keynote Address and Q&A on Security Policy at the 43rd Munich Security Conference. (englisch)
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NZZ Standpunkte: Horst Teltschik | Unsichere Welt - Wie bedrohlich ist Putins Russland? (NZZ Standpunkte 2007) auf YouTube, 10. Oktober 2015, abgerufen am 6. Dezember 2024.
Horst Teltschik, Michael Gehler (Hrsg.): Die 329 Tage zur deutschen Einigung. Vandenhoeck & Ruprecht Verlag, Göttingen 2024
Peter Hoeres: Politische Bücher: In 329 Tagen zur deutschen Einheit. In: FAZ. 2. Dezember 2024, abgerufen am 7. Dezember 2024.
Horst Teltschik: Die 329 Tage zur deutschen Einigung: Das vollständige Tagebuch mit Nachbetrachtungen, Rückblenden und Ausblicken. Vandenhoeck & Ruprecht, 2025, ISBN 978-3-647-30340-6, S.870f. (google.de [abgerufen am 2. März 2025]).
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Martin Winter: Zornesgrüße aus Moskau. Süddeutsche Zeitung, 19. Mai 2010, abgerufen am 16. Februar 2025 (Dieser Artikel trägt am Fuß das ursprüngliche Veröffentlichungsdatum. Die Russlandanalysen vom März 2007 haben daraus einen Auszug. Nachträgliche Veränderungen des Artikel-Texts sind nicht feststellbar.).
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Putin: attacca l'egemonia Usa. Dure reazioni. In: Corriere della Sera. Abgerufen am 19. Dezember 2024: „Gli Usa non hanno trasformato la vittoria nella Guerra Fredda in una vittoria unipolare. È stata l'alleanza transatlantica a vincere la Guerra Fredda e oggi vi sono centri di potere in ogni continente.“
俄总统普京称美国在所有领域都跨出了国界(图)-搜狐新闻. Abgerufen am 15. Februar 2025.
俄罗斯总统普京批美滥用武力 导致别国寻求核武-搜狐新闻. Abgerufen am 15. Februar 2025.
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Federico Fubini: I discorsi di Putin al microscopio: ecco perché la guerra non è all’Ucraina ma alla Nato. 4. März 2022, abgerufen am 14. November 2024 (italienisch): „L’implicazione allunga la sua ombra sulla guerra di oggi, perché essa rappresenta il tentativo più concreto di sovvertire l’equilibrio continentale emerso dopo il crollo del Muro.“
Federico Fubini: I discorsi di Putin al microscopio: ecco perché la guerra non è all’Ucraina ma alla Nato. 4. März 2022, abgerufen am 14. November 2024 (italienisch).
Così nel 2007 lo Zar anticipò la guerra. (italienisch)
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Ted Galen Carpenter: Did Putin’s 2007 Munich Speech Predict the Ukraine Crisis? Cato Institute, 24. Januar 2022 (englisch). Übernommen aus: The National Interest (Online) 24. Januar 2022. ("The shockingly arrogant meddling in Ukraine’s internal political affairs in 2013 and 2014 to help demonstrators overthrow Ukraine’s elected, pro-Russia president was the single most brazen provocation, and it caused tensions to spike. Matters have gotten steadily worse since then, with Washington pouring arms into Ukraine and treating that country as a military client.)
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